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Verschmelzen von Körper und MaschineWir Cyborgs

Die Datenbrille Google Glass zeigt, wie wenig Technik und Mensch noch trennt. Doch die Symbiose aus Körper und Maschine geht noch viel weiter. Ein kurzer Scan.

War Maschine, die Menschen perfekt imitieren sollte: der Terminator. Bild: dpa

Das Kameraauge

Das kann es: In die leere Augenhöhle einsetzen und losfilmen. Aufgezeichnet wie gesehen, sozusagen. Außerdem rot leuchten und gruselig aussehen. Der kanadische Filmemacher Rob Spence, der als Kind bei einem Unfall ein Auge verlor, ließ sie sich von Ingenieuren spezialanfertigen und dreht damit nun einen Dokumentarfilm über Cyborgs, also Menschen, die mit technischen Ergänzungen leben.

So funktioniert es: Mit einer speziell angefertigten Kamera mit Batteriebetrieb und WLAN.

Science-Fiction-Faktor: mittel. Spence’ Auge ist optisch schon sehr nahe an Arnold Schwarzeneggers „Terminator“. Viel näher am Prinzip des Cyborgs, also der Mensch-Maschine, sind jedoch Netzhautprothesen der Firma Second Sight, die zumindest eine sehr grobe Sehfähigkeit für teils auch bereits erblindete Patienten wiederherstellen. Hier filmt eine Minikamera, die der Patient tragen muss, die Umgebung, leitet die Bildsignale an einen Prozessor weiter, der sie in solche Signale umwandelt, die für ein Netzhaut-Implantat im Auge des Patienten verständlich sind. Damit können diese derzeit nur recht grobe Lichtraster erkennen – an höher auflösenden Sehhilfen wird gearbeitet.

Die Lasertastatur

Ist praktisch, hat aber nur einen mäßigem Science-Fiction-Faktor: die Lasertastatur auf der Handinnenfläche. Screenshot: youtube.com

Das kann es: all diese Flachbildschirme und Tastaturmonster unnötig machen, auf denen wir heute den ganzen Tag lang herumwischen und -hacken. Handinnenfläche oder Arm werden zum Eingabemedium. Wie praktisch ist das denn bitte?

So funktioniert es: Google ließ sich im Januar diese Technologie in den USA patentieren – funktionieren soll sie in Verbindung mit der Datenbrille Google Glass. Ein Laser in der Brille soll die Tastatur auf das Körperteil projizieren, auf das der Nutzer seinen Blick richtet – oder eben auf jede andere Oberfläche, auf die er schaut. Und eine in die Datenbrille eingebaute Kamera erkennt, welche Eingaben mit dem Finger auf der Laser-Tastatur gemacht werden.

Science-Fiction-Faktor: Geht so. Sich wild auf dem Arm herumtippen ist ja jetzt nicht gerade berührungslose Gedankenübertragung. Aber andererseits eben schon viel zukünftiger, als Tastaturen oder Mäuse mit sich herumzuschleppen. Ob Google Glass bereits Ende 2013 mit dieser Funktion auf den Markt kommen wird, ist unklar.

Das elektronische Ohr

Der Volkswagen unter den Accessoires für den Maschinenmenschen: mit Cochlea-Implantaten laufen schon heute etwa 150.000 Menschen weltweit herum. Bild: dpa

Das kann es: Geräusche machen.

So funktioniert es: Hörgeräte verstärken den Schall. Sollten die Haarzellen im Ohr zerstört sein, bewirkt so ein Gerät jedoch nichts. Die Elektroden eines Cochlea-Implantats werden deshalb direkt an die Hörnerven angeschlossen. Dazu wird hinter dem Ohr ein Kanal bis zur Innenohrschnecke (Cochlea) gebohrt. Das Implantat wird unter die Kopfhaut eingesetzt. Ein Mikrofon und ein Sprachprozessor werden am Körper getragen. Sie erfassen die Geräusche und verwandeln sie in digitalen Code. Diese Signale wandern zum Implantat, das macht elektrische Impulse daraus und leitet sie an die Elektroden im Innenohr weiter. Die stimulieren die Hörnerven. Was zu hören ist, unterscheidet sich erheblich von dem, was ein normales Ohr hört. Training ist nötig, in etwa so wie beim Erlernen einer Fremdsprache.

Science-Fiction-Faktor: Nahe null. Verbessertes Hören zählt zum Beispiel im Rollenspiel „Shadowrun“ zu den einfachsten Erweiterungen, die man sich einbauen kann. Kein Wunder, mit Cochlea-Implantaten laufen schon heute etwa 150.000 Menschen weltweit herum. Das ist der Volkswagen unter den Accessoires für den Maschinenmenschen von heute.

Der Mikroroboter

In Computerspielen wie „Deus Ex“ verleihen Nanoroboter, Naniten genannt, Menschen Superkräfte. Bild: www.deusex.com

Das kann es: Krebs erkennen und töten  

So funktioniert es: Die kleinsten Maschinen der Welt sind so winzig, dass Milliarden in einen Wassertropfen passen. Und sie sind bio. Sie basieren nicht wie handelsübliche Computer auf Silizium, sondern auf der Erbsubstanz DNA. Diese codiert sehr komplexe Informationen mittels der vier Basen Adenin, Cytosin, Thymin und Guanin. Mit ihnen lässt sich auch eine Art biologische Software schreiben, also ein künstlicher DNA-Strang erzeugen, der einer Programmierung folgt. Der Wissenschaftler Yaakov Benenson hat einen Schaltkreis aus Genen gebaut, der anhand von fünf Faktoren eine Abart der Krebszelle erkennen kann. Ist das der Fall, wird ein Teil des DNA-Stranges abgespalten. Der enthält ein Medikament, welches die kranke Zelle vernichtet.

Science-Fiction-Faktor: Hoch. In Computerspielen wie „Deus Ex“ verleihen Nanoroboter, Naniten genannt, Menschen Superkräfte. In einer Folge des „Raumschiffs Enterprise“ machen sie sogar eine eigene Zivilisation auf. Reale Mikroroboter sind noch im Reagenzglas unterwegs. Den ersten Zell-Computer erschuf Benenson 2001, die Forschungsergebnisse zum Krebs-Killer wurden 2011 veröffentlicht.

Das bionische Bein

Bionische TMR-Armprothesen gibt es bereits seit 2009. Bild: reuters

Das kann es: Ein Ersatz für ein Fleisch-und-Blut-Bein sein, der nach neuem Stand der Technik mit dem Hirn des Trägers steuerbar ist. Im Ergebnis führt das dazu, dass dieser 8-Millionen-Dollar-Prototyp komplexe Bewegungsabläufe viel besser bewältigt als andere Carbonprothesen. Treppensteigen zum Beispiel.

So funktioniert es: „Targeted Muscle Reinnervation“ (TMR) nennt sich diese Technik, bei der Hirnsignale bis zu den rehabilitierten Nervenenden eines amputierten Beines weitergeleitet werden – und dort mit der computerisierten Prothese kommunizieren. Exakter: Noch funktionierende Nerven werden mit gesunden Muskeln verbunden. Denkt der Patient an eine bestimmte Bewegung, reagiert der entsprechend verbundene Muskel – und signalisiert so der Roboter-Prothese, was die gewünschte Bewegung ist.

Science-Fiction-Faktor: Klingt unvorstellbar? Ist dennoch nicht brandneu. TMR-Armprothesen gibt es bereits seit 2009. Kritiker mäkeln allerdings, dass die Technologie noch lange nicht ausgereift sei.

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