Warum Kristina Schröder hinschmeißt: Flucht in die Frucht?
Familienministerin Kristina Schröder will wohl nicht mehr weitermachen: Sie kapituliert vor den deutschen Verhältnissen – und vor sich selbst.
Ist sie raus? Unsere Familienministerin, die schon seit geraumer Zeit auf eine so unglückliche Weise die Widersprüche der Union verkörpert? Das Gerücht besagt, Kristina Schröder wolle nach der Bundestagswahl nicht wieder Ministerin werden. Aus Rücksicht auf ihre Familie. Es wäre ein Abgang, der passt.
Wenn man der hessischen CDU-Spitze glauben darf, die das Gerücht in Umlauf setzte, sei für Schröder der Spagat zwischen Ministerium und Muttersein „sehr hart“, mit einem weiteren Kind würde es noch komplizierter. Schröder aber sei „Muttersein wichtiger als ihr Ministeramt“, so ein „politischer Freund“. Solche Freunde möchte man haben.
Es klingt wie die endgültige Kapitulation vor den Verhältnissen: Frauen können in Deutschland Familie und Beruf einfach nicht vereinbaren. Aber halt: Wer, wenn nicht Schröder hätte vorangehen können? Das Familienministerium als erste Behörde, in der man Führungsjob und Muttersein vereinbaren kann: Da wäre vieles denkbar gewesen.
So aber wirkt der Grund „Familie“ eher vorgeschoben. Wahrscheinlicher ist, dass Frau Schröder keine Lust mehr hat, und die Familie als in der Partei gut vermittelbare Erklärung herhalten muss. Die Union und ihr unklares Familien- und Frauenbild ist denn auch Schröders eigentliches Problem. Den konservativen Landesverband zu bedienen und zugleich das junge und das weibliche Element stärken zu wollen, war von Anfang an ein Widerspruch in sich: Denn die junge und weibliche Klientel steht familienpolitisch schlicht woanders als die hessische CDU.
Und so verstieg Schröder sich zu merkwürdigen Konstrukten: „Aus demokratietheoretischen Gründen“ wollte sie keine feste Frauenquote für die Wirtschaft. Dann musste sie als fortschrittliche Frau, die selbst im Amt Mutter geworden war, das ominöse Betreuungsgeld verteidigen. Und den Kitaausbau verfolgte sie, um den Konservativen nicht zu viel zuzumuten, mit angezogener Handbremse.
Schröder scheitert nicht nur an sich selbst, sie scheitert auch am Frauenbild der CDU.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Protest in Unterwäsche im Iran
Die laute Haut
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Soziologe über Stadt-Land-Gegensatz
„Die ländlichen Räume sind nicht abgehängt“