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Anbaden!Weg vom Fliesenimage

Nachtfrost hat den Saisonstart gefährdet, doch jetzt geht es los: Die Freibäder öffnen ihre Pforten. Nur die Bademeister fürchten Windelattacken – der neuen Preise wegen.

Am Samstag öffnen die Freibäder. Bild: DPA

Still und friedlich liegt es da, das Kreuzberger Prinzenbad. Ticketschalter und Eingangstore sind am Donnerstag noch verrammelt. Auf der Tafel, an die Schwimmmeister die aktuellen Tagestemperaturen schreiben, stehen noch die Daten vom bislang letzten Badetag: „29. 9. 2012 – Luft 11 Grad – Mehrzweckbecken 24 Grad – Sportbecken 16 Grad“. Aber die Ruhe täuscht. Berlins beliebtes Sommerbad ist bereits aus dem Dornröschenschlaf erwacht. An diesem Samstag hat hier um 7 Uhr die Sommersaison begonnen – egal ob es regnet, stürmt oder schneit.

„Die ganz Harten warten schon drauf, endlich ins Wasser zu kommen“, sagt der Chef der Berliner Bäder Betriebe (BBB), Klaus Lipinsky. Die Pressekonferenz im Prinzenbad ist Lipinskys letzte als Berliner Bäderchef. Am 2. Mai übernimmt Ole Bested Hensing als neuer Vorstandsvorsitzender die Geschicke der BBB. Der Däne leitete sieben Jahre das Erlebnisbad Tropical Islands in der früheren Cargolifter-Halle in Brandenburg. Von dem 48-Jährigen, der das Vergnügen anderer Leute managt, stammt der Satz: „Die Schwimmhallen müssen attraktiver werden und weg vom Fliesenimage kommen.“ Die Richtung scheint klar zu sein: Erfahrungen mit Erlebnisbädern hat Hensing schließlich.

Am vergangenen Donnerstag ist noch einmal der Tag von Klaus Lipinsky, dem Mann mit dem Bürstenhaarschnitt, der früher Direktor bei der U-Bahn war und der in einem taz-Interview bekannte, privat lieber einen großen Bogen um das Wasser zu machen.

„Vor drei Wochen hatten wir noch Nachtfrost“, sagt Lipinsky. Drei Wochen sei das Prinzenbad dadurch in Verzug gewesen. „Das war eine Zitterpartie.“ Mit einem vereinten Einsatz der Kräfte sei es aber gelungen, den geplanten Eröffnungstermin einzuhalten. Die Becken sind geputzt.

In den letzten Tagen der Winterpause wurden die Becken neu befüllt. In den kalten Monaten bleibt das Wasser drin, erklärt Erhard Kraatz, der seit 40 Jahren im Prinzenbad arbeitet. Seit 1990 ist der gebürtige Kreuzberger „Anstaltsleiter“, wie er sagt. Eine Heizspirale an den Seiten verhindere, dass das Eis an die Beckenränder drücke und diese beschädige. Die Überlaufrinnen würden mit Platten abgedeckt. Mit dieser Methode fährt man im Prinzenbad seit Jahren gut.

Anders im Sommerbad Olympiastadion. Dort verzögert sich der Saisonstart wegen gravierender Frostschäden um Wochen. Meterweise hätten sich dort die Fliesen an der Beckenkante gelöst, sagt Lipinsky. Auf 80.000 Euro schätzt er den Sanierungsbedarf. „Jede Fliese muss nach dem Winter einzeln abgeklopft werden.“ Erweise sie sich als hohl, müsse sie ausgetauscht werden. „Hohle Fliesen sind ein Gesundheitsrisiko, weil sich dort Bakterien festsetzen können.“

Leise kräuselt der Wind das Wasser in den Becken. Gerade eben hat ein Institut die obligatorischen Tests der Wasserqualität abgeschlossen und grünes Licht für die Freigabe des Prinzenbades für den Publikumsverkehr gegeben. Gurgelnd wie ein Gebirgsbach rinnt das Nass durch die Überlaufrinnen. Ein Geräusch, das man in den heißen Sommermonaten so gut wie nie hört, denn dann kocht die Badeanstalt: Menschen außer Rand und Band. Bademeister bellen durch die Lautsprecher. Singles entblättern sich auf der FKK-Wiese vor den Blicken pubertierender Jugendlicher, die sich vor Lachen biegen. Sportschwimmer drohen Badegästen, die unvorsichtig ihre Bahn kreuzen, lauthals Prügel an.

Der Beliebtheit der Badeanstalt tut das keinen Abbruch. 189.977 Gäste hat das Prinzenbad 2012 verzeichnet und damit sogar dem Strandbad Wannsee (183.104 Besucher) den Rang abgelaufen. Wannsee ist jedes Jahr das erste Bad, das – stets zu Ostern – öffnet. Dieses Jahr herrschte dichtes Schneegestöber. Besucher, die bis zum Hals ins Wasser gingen, bekamen von den Bäderbetrieben einen Saunagang gesponsert. Immerhin 38 Saunakarten gingen weg.

Am 1. Mai folgen die Strandbäder Plötzensee, Wendenschloss, Friedrichshagen, Grünau, Weißensee, Orankesee, Lübars und Jungfernheide. Bis zum 8. Juni werden die restlichen 13 Sommerbäder öffnen.

Das Land Berlin zahlt den landeseigenen Bäderbetrieben jährlich 45 Millionen Euro Zuschuss plus 5 Millionen Euro für Reparaturen. 6,11 Millionen Besucher haben die Bäder 2012 verzeichnet, 520.000 mehr als 2011. „Erwirtschaftet wurde ein kleiner Gewinn von 125.000 Euro“, freut sich Lipinsky.

Eines bleibt dem scheidenden Bäderchef noch zu verkünden: Die Eintrittspreise werden um durchschnittlich 12,5 Prozent teurer. Statt 4 Euro kostet das normale Ticket in Zukunft 4,50 Euro. Bis zum 30. April erworbene Mehrfachkarten behalten bis Ende August ihre Gültigkeit.

„Schön wird das nicht“, sagt ein Mitarbeiter des Prinzenbads, als er sich an die letzte Preiserhöhung erinnert, die immerhin gut zehn Jahre zurückliegt: „Damals haben uns die Leute vollgeschissene Windeln an die Fenster geklatscht.“

■ Der Blog zum Prinzenbad: http://blogs.taz.de/prinzenbad

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2 Kommentare

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  • W
    Wasserfrosch

    Berlin braucht nicht mehr Erlebnisbäder sondern *Schwimm*bäder, in denen man tatsächlich schwimmen kann.

     

    Die Stammkundschaft, die regelmäßig mehrmals die Woche ins Becken springt um ihre Bahnen zu ziehen und dabei meist den vollen Eintrittspreis zahlt, wird von den BBB sowas von ignoriert, das wird sich leider auch unter Ole Bested Hensing nicht ändern, im Gegenteil.

     

    Da brauchen sich die Bäderbetriebe allerdings auch nicht wundern, wenn diese Klientel abwandert zu den Fitnessstudios mit Schwimmbecken, die für (fast) das gleiche Geld dann doch deutlich mehr zu bieten haben.

  • B
    Bahnenzieherin

    Wenn jetzt die Eintrittspreise erhöht werden, wäre es doch schön, wenn das Prinzenbad endlich mal Mindeststandards erfüllt. Mir ist es rätselhaft, warum selbst im Hochsommer während der Ferien, wenn das Bad also knüppelvoll ist, nur jeweils EINES der zwei Garderobenbungalows geöffnet ist. Das heisst: Ab 11 Uhr gibt es keinen freien Schrank mehr, an den Duschen, Klos und Umkleiden (10 Kabinen!!!) bilden sich Schlangen. Und spätestens mittags befindet sich das alles in einem hygienischen Zustand, dass es der Sau graust. Klar können die Mitarbeiter nichts dafür, dass die Leute sich teilweise aufführen wie die Dreckschweine (benutzte Damenbinden in den Umkleiden liegen lassen, Klopapier neben die Schüssel schmeissen etc), aber irgendjemand muss doch für ein Mindestmass an Sauberkeit verantwortlich sein.

    Und dass man selbst an Spitzentagen die zweite Umkleideeinheit geschlossen lässt, macht mich jedes Jahr fassungslos und stinkwütend. Da wäre mehr Flexibilität nicht nur wünschenswert, sondern auch der Sicherheit wegen (wohin mit meinem Zeug, wenn alle Schränke besetzt sind?) notwendig. Aber auch dieses Jahr werde ich vermutlich wieder zähneklappernd auf eine freie (versiffte) Dusche und anschliessend eine freie (versiffte) Umkleide warten müssen.