„Dann schlug er seinen Kopf gegen die Wand“

Ein Polizist soll im Abschiebeknast einen Ghanaer geschlagen haben. Angezeigt hat ihn ein Kollege. Vor Gericht gibt sich der Angeklagte unschuldig. Der Häftling habe sich selbst verletzt. Kollegen hätten sich gegen ihn verschworen

Die Vorwürfe wiegen schwer: Christian S. soll einen Häftling misshandelt haben. Im November 2003 soll der Polizist im Abschiebegewahrsam Grünau einen Ghanaer grundlos mit der Faust auf den Hinterkopf geschlagen haben. Köperverletzung im Amt heißt das im Juristendeutsch. Doch vor Gericht gibt sich Christian S. unschuldig. „Ich bin selbst überrascht, hier zu sitzen“, sagt der 39-Jährige gestern beim Prozessauftakt vor dem Amtsgericht Tiergarten.

Dennoch hat der Angeklagte gleich zwei Erklärungen für seine Anwesenheit parat. Zunächst sei der Häftling schuld. Der 40-jährige Ghanaer habe „seinen Kopf gegen die Wand geschlagen“ und sich so die Verletzungen selbst zugefügt, erklärt Christian S. und fügt hinzu: „Das machen die Häftlinge sehr gerne, um uns das in die Schuhe zu schieben.“

Allerdings, gibt daraufhin der Richter zu Bedenken, habe ein Kollege des Angeklagten den Vorfall angezeigt. Das habe ihn auch erstaunt, erklärt der Polizist, gibt aber sogleich eine zweite Erklärung zum besten: eine Intrige unter Kollegen. Damals sei versucht worden, etwas gegen den Wachleiter im Abschiebegefängnis zu unternehmen. „Ich sollte scheinbar dafür herhalten, dass die was gegen ihn in der Hand haben.“

Sein Verteidiger Johann Schmid-Drachmann erklärt dazu am Rande des Prozesses, es habe auch ein Verfahren gegen diesen Wachleiter gegeben. Dabei sei ihm unter anderem Strafvereitelung im Amt vorgeworfen worden, weil er den Vorfall mit dem Ghanaer nicht gemeldet habe. Dieses Verfahren sei aber eingestellt worden.

Die Staatsanwältin zeigt sich wenig überzeugt von der Darstellung des Polizisten. Ein Angeklagter habe zwar das Recht, vor Gericht alles Mögliche zu erzählen, ermahnt sie den Angeklagten. Eine falsche Beschuldigung des Häftlings aber sei dennoch strafbar. Christian S. hatte zuvor vor Gericht angegeben, der Ghanaer habe „aktiven Widerstand“ geleistet, als er von drei Polizisten nach einem Schwächeanfall zum Sanitätsraum gebracht werden sollte. Er selbst sei erst später dazugekommen. Dann habe er mit „einfacher Gewalt“ dem Ghanaer die Arme nach hinten gedreht und später Handschellen angelegt.

Ob es eine übliche Methode sei, dabei dem Häftling mit der Faust ins Gesicht oder auf den Hinterkopf zu schlagen, will die Staatsanwältin wissen. „Auf keinen Fall“, betont der Angeklagte. „Man weiß, dass man niemanden am Kopf verletzten soll.“

Die geplante Vernehmung des Ghanaers scheiterte an Sprachschwierigkeiten. Eine Englisch-Dolmetscherin konnte nicht viel mehr übersetzten, als dass Twi die Muttersprache des Zeugen ist. Für die Fortsetzung des Prozesses Anfang des nächsten Jahres soll nun ein Dolmetscher mit entsprechenden Kenntnissen hinzugezogen werden.

GEREON ASMUTH