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Kommentar Test ElektrofahrräderSchrott auf Rädern

Kommentar von Richard Rother

Der aktuelle Test von Elektrofahrrädern zeigt ein erschreckendes Ergebnis. Jetzt sollten die Behörden reagieren.

D as Ergebnis ist eine Ohrfeige für die Zweiradhersteller: Mehr als die Hälfte der getesteten Elektrofahrräder, die repräsentativ für das größte Marktsegment stehen, ist mangelhaft; teilweise treten sogar sicherheisrelevante Schäden auf.

Das haben – dankenswerterweise – die Stiftung Warentest und der Autoclub ADAC mit umfangreichen Überprüfungen festgestellt. Das Testergebnis ist absolut inakzeptabel, zumal es vor zwei Jahren schon ernste Hinweise auf den Schrott auf Rädern gab.

Jetzt sind Hersteller und Behörden am Zug: Sie müssen dafür sorgen, dass die Mängel schleunigst abgestellt werden. Denn sonst ist es mit dem – aus Umweltschutzgründen durchweg begrüßenswerten – Boom bei den Elektrofahrrädern schnell vorbei.

Richard Rother

ist Redakteur im taz-Ressort „Wirtschaft und Umwelt“. Er widmet sich vorrangig Verkehrsthemen.

Insgesamt drängt sich ein böser Verdacht auf: Weil die Nachfrage nach Elektrorädern ungebrochen stark ist und viele Kunden bereit sind, dafür so viel Geld wie für ein Gebrauchtauto auszugeben, wollen die Produzenten auf Teufel komm raus dabei sein und ihren Schnitt machen – und bringen unausgereifte oder zu billig hergestellte Produkte auf den Markt. Dabei gibt es für jedes technische und konstruktive Problem bereits eine Lösung; sie wird nur nicht bei jedem Fahrzeug angewandt, aus welchen Gründen auch immer.

Das ist keine Petitesse. Es geht um das Geld der Verbraucher – und um deren Leib und Leben. Wenn ein Rahmen oder ein Lenker während der Fahrt brechen, stürzt der Radler. Fällt er auf die Straße, möglicherweise sogar vor ein Auto oder einen Laster, drohen lebensgefährliche Verletzungen. Welcher Firmenchef möchte dafür die juristische und moralische Verantwortung übernehmen?

Und wie kann es sein, dass in Deutschland und Europa, wo es so viele Vorschriften gibt, keine staatliche Stelle angemessen darüber wacht, dass lebensgefährliche Produkte nicht in Verkehr gebracht werden? Damit muss Schluss sein, sofort!

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Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.
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8 Kommentare

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  • M
    max

    Ich find Elektrofahrräder super.

    Erstmal aus dem Grund weil man mit ihnen ganz normal Fahrrad fahren kann wie mit einem normalen Fahrrad.Als zweites finde ich auch gut an ihnen wenn man einen starken aufstieg hat z.B einen Berg oder Hügel dann kann man einfach den Motor einschalten und schon geht das einfacher.

    [Die Red.: Kommentar wurde gekürzt und der Link entfernt, wir bitten Sie, hier nicht zu werben.]

  • M
    M-Ray

    Wirklich schwach, dass die taz mit diesem Kommentar unkritisch in das gleiche Horn bläst wie Stiftung Warentest und ADAC. Natürlich sollen Qualitätsmängel aufgedeckt und dann behoben werden. Aber man verunsichert die Nutzer doch unnötig, wenn man (wie die Tester) nicht klar und deutlich herausstellt, dass es nur bei wirklich extremen Belastungen (denn E-Bike-Fahrer sind ja nicht die Sport-Radler) zu Problemen kommen kann.

    Hier wollen die Tester mit einem sensationellen Fazit Aufmerksamkeit erheischen und was der ADAC bei diesem Test rausbekommen wollte, kann sich jedeR selber denken.

     

    @Kai: Dass die Behauptung, E-Bikes würden das Auto ersetzen nicht aus der Luft gegriffen ist, kann man hier nachlesen: http://www.e-radkaufen.de/fileadmin/user_upload/besser-e-radkaufen/e-Rad_presse/PM130228_19_E_Rad__Wege_Distanzen_in_Praxis.pdf

  • K
    Kai

    Wer sagt denn, dass Pedelecs als echter Autoersatz angeschafft werden? Ich kann keine Anzeichen dafuer erkennen, aber es wird immer gerne behauptet. Es werden im Gegenteil weniger Fahrraeder verkauft und dafuer mehr Elektroraeder, wie offizielle VK-Zahlen zeigen. Was eher darauf schliessen laesst, dass Fahrraedern durch Elektroraeder ersetzt werden, und das ist keinesfalls "aus Umweltschutzgründen durchweg

    begrüßenswert", wie der Autor behauptet.

  • H
    Horsti

    @ Alex:

     

    "Die Frage ist: warum für Schrott über 1000 Euro ausgeben, wenn's ihn auch für 699 gibt?"

     

    Um Qualität zu bekommen sollte man weder zum Baumarktmodell greifen, noch den Preis als alleiniges Qualitätskriterium ansehen.

    Bei den traditionellen Qualitätsherstellern aus Holland (Gazelle, Batavus, Sparta, Koga...) kann man dagegen bedenkenlos zugreifen. Dort sind E-Bikes seit Jahren sehr weit verbreitet und entsprechend ausgereift. Zudem ist die Konkurrenz dort so hoch, daß man sich mindere Qualität gar nicht erlauben kann. Warum die Stiftung Warentest das meistverkaufte E-Bike (Sparta Ion) nicht testete, ist mir ein Rätsel, und wurde schon beim Test in 2011 kritisiert.

  • HP
    Holger Poggel

    Erstmal ist fragwürdig, was der Test aussagt. 16 Modelle von hunderten auf dem Markt erhältlichen wurden getestet, offenbar auch unabhängig von den tatsächlichen Verkaufszahlen, und schließt daraus, dass die Mehrzahl aller Räder Mängel hat.

     

    Der andere Punkt ist aber, dass ein E-Bike belastungstechnisch nicht grundsätzlich etwas anderes ist als ein Rad ohne Elektroantrieb.

    Das E-Bike ist ca. 10kg schwerer, das liegt locker in der Bandbreite körperlicher Gewichtsunterschiede oder wahlweise einer gefüllten Einkaufstasche. Der einzige technische Unterschied ist eventuell ein (eher seltener) Vorderradantrieb, weil normale Gabeln für einen Antrieb nicht ausgelegt sein müssen. Sonst aber gilt:

     

    Auch ein "normales" Fahrrad muss mindestens 100 kg bei Tempo 60 bergab zuverlässig aushalten und abbremsen, auch eine Tretleistung von 200++ Watt, die ein Motor erbringen kann/darf, schafft ein trainierter Alltagsfahrer problemlos.

    Man müsste dann also schließen, dass der gleiche Prozentsatz von Rädern ohne E-Antrieb ebenfalls Neuschrott ist.

  • AU
    ADAC-Prüfung: ungenügend

    Ausgerechnet der ADAC "prüft" Elektrofahrräder. Ich habe im öffentlich zugänglichen Teil des Berichts der Stiftung Warentest nicht einen Hinweis auf den ADAC gesehen (von Kommentaren abgesehen, die sich auf Pressemeldungen beziehen).

     

    http://www.test.de/Elektrofahrraeder-Das-Risiko-faehrt-beim-E-Bike-mit-4542780-0/

     

    Ich unterstelle dem ADAC, dass er grundsätzlich alle Fahrräder vom Straßenverkehr verbannen will. Je mehr Straße für Autos, desto besser. Fahrradfahrer stören nur. Das Problem verschärft sich für den ADAC durch die Elektrofahrräder, weil mit diesen Fahrrädern auch nicht sportliche Menschen fahren können. Mehr Fahrradfahrer, weniger Autofahrer, weniger Macht für den ADAC. Wenn man wirklich brauchbare Elektrofahrräder finden wollte, dann hätte man sich nicht auf die billigsten Dinger konzentriert, sondern geprüft was es auf dem Markt gibt, was die leisten und schließlich was die kosten. ADAC-"Prüfung": ungenügend.

     

    Da nun tatsächlich immer mehr Menschen das Auto durch Fahrräder ersetzen (oder wollen bzw. könnten), muss man endlich das Tempolimit von 25 km/h in Städten und Gemeinden angehen. Überlegt Euch mal wie groß der Anteil der Straße ist, der durch fahrende und geparkte Autos belegt wird und wie hoch die Gefährdung von Fahrradfahrern und Fußgängern durch Autofahrer ist. Es wird Zeit, den Druck auf die Politiker zu erhöhen. Derzeitiger Stand der Politiker-Prüfung: ungenügend.

     

    Sucht man im Web nach ADFC und Elektrofahrräder, so stellt man fest, dass der ADFC sich schon sehr lange mit dem Thema beschäftigt und natürlich mehr Kompetenz zeigt als der ADAC.

  • A
    Alex

    @horsti: Wenn beim über 2500 Euro bzw. über 1200 Euro teuren Pedelec ein Rahmenteil bricht kann man nicht die Baumarktfahrräder dafür verantwortlich machen. Die Frage ist: warum für Schrott über 1000 Euro ausgeben, wenn's ihn auch für 699 gibt?

  • H
    horsti

    Selbst schuld. In Deutschland kauft man Fahrräder meist im Baumarkt für 200 Euro, Elektofahrräder für 699. in Holland liegt der Durchschnittspreis dagegen bei 1000 bzw. 2000 Euro. Dafür gibt es dann auch Qualität.