Nasarbajew bleibt am Ruder

Bei der Präsidentenwahl in Kasachstan siegt der Amtsinhaber mit 91 Prozent der Stimmen. Beobachter halten sich mit Kritik zurück, die Opposition will klagen

„Wir wollen als Opposition im Land bleiben und nicht ins Exil müssen“

ALMATY taz ■ Ohne 90 Prozent Zustimmung macht dem zentralasiatischen Herrscher das Regieren keinen Spaß. Bei den kasachischen Präsidentschaftswahlen am letzten Sonntag hat der seit 1989 unangefochten regierende Präsident Nursultan Nasarbajew nach Angaben der Zentralen Wahlkommission satte 91,01 Prozent erhalten. Der siegesfrohe Präsident bezeichnete den Urnengang in Astana als demokratischste aller Wahlen.

In der Wahlnacht hatte verschiedene Meinungsforschungsinstitute, darunter eine Filiale des amerikanische Gallupinstituts, bereits einen Stimmanteil zwischen 75 und 83 Prozent für den Präsidenten errechnet. Das war anscheinend nicht genug. Die OSZE-Wahlbeobachter stellten der Wahl gestern ein schlechtes Zeugnis aus. „Die politische Führung der zentralasiatischen Republik hat den politischen Willen vermissen lassen, gute Wahlen auf internationalem Niveau abzuhalten“ sagte der Koordinator der Beobachtermission, Bruce George, in Astana.

Jeder vierte der 480 Wahlbeobachter bezeichnete die Auszählung als „schlecht“ oder „sehr schlecht“. Weiter wurde in dem Bericht kritisiert, dass im Wahlkampf die fünf Gegenkandidaten kaum Möglichkeiten hatten, sich Gehör zu verschaffen. Deren Wahlkampfteams waren Repressionen und Drohungen vonseiten der Staatsmacht ausgesetzt. Gleichwohl war das Urteil der europäischen Demokratiewächter nicht völlig vernichtend. Es wurden Verbesserung attestiert, aber auch festgestellt, dass der Wahlgang eine Vielzahl der OSZE-Standards nicht erfülle. Bei ähnlich gelagerten Beobachtungen ist die übliche Formel: Die Prinzipien einer freien und gleichen Wahl sind grundsätzlich verfehlt. Kasachstan strebt 2009 den OSZE-Vorsitz an. Eine nicht völlige desaströse Beurteilung kann dem prestigeträchtigen Verlangen der kasachischen Staatsmacht förderlich sein. Nicht zuletzt die USA waren an einer milden Beurteilung interessiert, da der ölreiche Staat zu ihren wichtigsten Bündnispartner in Zentralasien gehört.

In den ausschließlich staatsnahen Fernsehstationen lobten dagegen so genannte unabhängiger internationale Beobachter den Wahlgang. Der Vorsitzende des Körper-Zentrums der Deutschen Gesellschaft für Außenpolitik, Alexander Rahr, attestierte artig den demokratischen Charakter der Wahlen und lobte Nasarbajew als Garanten für Stabilität und Prosperität.

Den geschlagenen Gegenkandidaten blieb nur die Schmollecke. Der Chef der oppositionellen Ak-Schol-Partei, Alichan Baimenow, erreichte ganze 1,65 Prozent. „Ich habe weniger Stimmen als Unterschriften für die Kandidatenregistrierung erhalten“, sagt Baimenow.

Der aussichtsreichste Gegenkandidat der Oppositionsallianz, Scharmachan Tujakbai, erhielt 6,6 Prozent. Auf der Pressekonferenz in der Wirtschaftsmetropole Almaty sah sich der Politiker als Opfer der Wahlfälschung. „Ab jetzt befindet sich Kasachstan auf dem Weg von einem autokratischen zu einem despotischen System“, so Tujakbai, „ich erkenne die Wahl nicht an.“ Er nannte eine Vielzahl von Unregelmäßigkeiten, konnte aber keine eigene Stimmauszählung vorlegen. Zielstrebig hätten im Wahlkampf die Staatsmedien die Angst vor Chaos und Anarchie geschürt, sagte Tujakbaj, „das hat die Wähler verunsichert“.

Auch bei fairen Wahlen hätte sich Nasarbajew klar durchsetzen können, mutmaßt ein Diplomat, aber nicht in solcher Höhe. Die Oppositionsallianz will die Wahlergebnisse über den Gerichtsweg anfechten, schreckt aber vor Demonstrationsaufrufen zurück. „Wir wollen als Opposition im Land bleiben und nicht ins Exil müssen“, sagte Tujakbai.

MARCUS BENSMANN

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