„Was hat die IBA mit uns zu tun?“

BAUAUSSTELLUNG II AktivistInnen der Kampagne „IBA? Nigs DA!“ kommt die soziale Stadtentwicklung zu kurz

■ 32, wohnt im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg und ist Mitorganisatorin der IBA-kritischen Kampagne „IBA? Nigs Da!“. Foto: privat

taz: Frau Sperberich, die Internationale Bauausstellung (IBA) präsentiert ab dem kommenden Wochenende ihre Visionen für die Metropole von morgen. Was fehlt Ihnen dabei?

Hannah Sperberich: Wenn die IBA modellhaft für die Stadtentwicklung des 21. Jahrhunderts stehen soll, sollte sie auch die aktuellen Debatten um bezahlbaren Wohnraum aufgreifen. Daran arbeitet sie aber vorbei, weil sie nicht genug neuen und günstigen Wohnraum schafft. Wenn man sich die Bauausstellung genauer anschaut, sieht man, dass sie vor allem auf hochpreisigen Wohnraum setzt.

Aber die IBA sagt doch, sie will den Stadtteil aufwerten, ohne zu verdrängen.

Das hat sie als Reaktion auf die Kritik aufgegriffen, inzwischen ist sie aber wieder zurückgerudert. Das ist ja auch nicht haltbar. In den letzten sechs Jahren sind die Mieten in Wilhelmsburg um 35 Prozent gestiegen. Die Kritik gilt aber vor allem der Stadt, die mit der IBA ein Stadtentwicklungsprojekt aus dem Hut zaubert, dass gezielt auf Aufwertung, Imagewandel und die Veränderung der Bevölkerungsstruktur setzt.

Ihnen fehlt dabei also der soziale Wohnungsbau?

Die IBA hätte ja auch mal über verlängerte Mietpreisbindung für Sozialwohnungen nachdenken können. Statt dessen will sie Leute mit höherem Einkommen nach Wilhelmsburg ziehen, allein dadurch soll es dann auch den armen Leuten irgendwie besser gehen.

Von der sogenannten sozialen Durchmischung halten Sie also nichts?

Die macht nur dann Sinn, wenn sich dadurch nicht nur die Situation der Privilegierten verbessert. Mieten von zwölf Euro pro Quadratmeter und Hybridhäuser bringen anderen erst mal wenig. Das ist ja auch eine Kritik der MieterInnen aus dem Bahnhofsviertel: Ihre Häuser, die der Gagfah gehören, vergammeln schon seit Jahren, während auf der anderen Seite die schönen neuen Häuser gebaut werden. Die sind aber offensichtlich nicht für sie bestimmt. Die Leute in Wilhelmsburg fragen sich schon: Was hat die IBA eigentlich mit uns zu tun?

Beschäftigen Sie sich als Gegnerin der Bauausstellung auch genauer mit den einzelnen Bauvorhaben?

Mir geht es schon um eine gezielte Kritik, und das heißt nicht, dass alles falsch ist. Zum Beispiel das Projekt „Kosmopolis“ für kulturelle Vielfalt könnte ja auch Möglichkeiten für MigrantInnen schaffen, die es vorher nicht gab. Wie die IBA sich das Thema allerdings dann auf die Fahnen schreibt, sehe ich als Vereinnahmungsstrategie. Und mit der Bildungsoffensive wurden zwar ein paar Prestigebauten errichtet, aber keine neuen Stellen geschaffen. Die Sozialwohnungen werden weniger, in den nächsten Jahren laufen viele aus der Mietpreisbindung.  INTERVIEW: LKA