Stadtentwicklung: Zu viel Mist im Stall

Kreuzberg will Korrekturen bei der Umgestaltung der früheren Reiterkaserne „Dragonerhöfe“: keine Hochhäuser, dafür mehr Denkmalschutz.

Nach den ersten Bebauungsvorschlägen eines Investors für die „Dragonerhöfe“ am Mehringdamm fordert Kreuzbergs Bürgermeister Franz Schulz (Grüne) deutliche Korrekturen der Pläne. Zwischen den Vorstellungen der Hamburger Projektentwicklungs-Gesellschaft ABR German Real Estate AG und denen des Bezirksamts bestehe „erheblicher Dissens“ über die Gestaltung des Areals, sagte Schulz zur taz.

Nach Ansicht von Schulz werde der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg darauf bestehen, dass die denkmalgeschützten Gebäude im Rücken des Kreuzberger Finanzamts nicht zu Schaden kommen. Eine zukünftige Bebauung müsse sowohl die „kammartige Figur“ der langen ehemaligen Reitställe respektieren als auch die Substanz der früheren Kasernenanlage berücksichtigen. „Mehrere Geschosse auf die denkmalgeschützten Backsteinställe zu setzen, wie das ein Entwurf vorsieht, ist äußerst unsensibel“, betonte Schulz.

Die German Real Estate AG strebt einen Umbau und eine Verdichtung der 47.000 Quadratmeter großen Fläche an. Der Investor hat das Areal von der bundeseigenen Bima, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, kürzlich erworben. Der Kaufpreis soll rund 22 Millionen Euro betragen haben.

Die Dragonerhöfe – hinter dem Kreuzberger Finanzamt und dem benachbarten Biomarkt befindlich– sind ein Filetstück im Bezirk. Das historische Gelände, auf dem sich von 1855 bis 1918 die langen Reitställe des Ersten Garde Dragoner Regiments ausdehnten, liegt seit der Auflösung des Regiments nach dem Ersten Weltkrieg im Schatten des wuchtigen Finanzamts. Die einstige Kaserne beherbergen zum Teil erhaltene Stallungen über 30 Gewerbebetriebe; darunter die LPG, Lager, Werkstätten, aber auch Auto-Stellflächen und Clubs.

2012 hatte die Bima das Gelände zum Verkauf angeboten. Über 20 Interessenten, darunter Genossenschaften und Baugruppen aus dem Möckernkiez, bewarben sich. Den Zuschlag erhielt die German Real Estate AG.

Klaus Roelcke, Vorstandsmitglied der German Real Estate, plant bis 2016 eine Bebauung mit Gewerbe, Büros und Wohnen. Die einstigen Dragonerställe sollen „weitgehend als Mittelpunkt“ erhalten werden. Roelcke verspricht zudem, dass „an der Umsetzung des Projekts Wohnungsbaugenossenschaften aus dem Stadtteil beteiligt werden“. Auch der Biomarkt „soll an dem Standort bleiben“.

Was aus vielen anderen Betrieben in den neuen „Dragonerhöfen“ wird, ist dagegen offen. Viele Pächter fürchten ihre Kündigung. Anwohner der nahen Großbeerenstraße haben in den sozialen Netzwerken ihre Sorge geäußert, dass die Neuausrichtung des Geländes das soziale Gefüge und die Mieten im Viertel beeinträchtigen könnte.

Schulz sieht zwar die „Kompromissfähigkeit“ des Investors. Für eine Lösung oder die nötige Änderung des Bebauungsplans, für den der Bezirk zuständig ist, müssten von diesem aber weitere Schritte unternommen werden. Das Quartier zwischen Mehringdamm und Obentrautstraße sei ein „Standort mit viel Potenzial“, der „behutsam“ weiterentwickelt werden müsse, so Schulz. So sollten vorhandene Gewerbebetriebe erhalten und ausreichend „bezahlbarer Wohnraum“ geschaffen werden. Scharf kritisierte er die „große Dichte“, die der Investor anvisiere. Häuser mit „fünf und sechs Geschossen gehen gar nicht, auch nicht Hochhäuser“.

Nachträglich zeigte sich Schulz auch verärgert darüber, dass die Bima sich beim Verkauf einem „Konzeptverfahren“ verweigert habe. Den Zuschlag erhielt das Höchstgebot. Dies habe andere Bieter – und Ideen – ausgeschlossen.

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