Kommentar Tumult in Altona: Ein explosives Gemisch

Die Auseinandersetzungen in Altona sollten als Warnsignal ernst genommen werden.

Hamburgs Polizei hat einen neuen Gefahrenherd ausgemacht: Den kleinen türkischen Imbiss „Azra“ in der Holstenstraße. Hier treffen sich seit dem Beginn der Sommerferien vermehrt Jugendliche mit Migrationshintergrund in größerer Zahl. Da sie sonst keinen Treffpunkt haben, um sich auszutoben, haben sie ihre lautstarken Kickbox-Kämpfe auch in den gegenüberliegenden Park verlegt.

Die Polizei gibt an, dass seitdem die Anzeigen wegen Raubes, Körperverletzung und Drogendelikten zugenommen hätten. In der Tat fühlen sich Anwohner – so ist zu hören – abends oftmals durch den Lärm der Jugendlichen belästigt. Das rechtfertigt jedoch nicht die permanente Stigmatisierung der Jugendlichen durch die Polizei. Ihre Familien leben teilweise seit Jahrzehnten in der Umgebung der Holstenstraße und sie fühlen sich durch das Vorgehen der Polizei staatlichem Rassismus ausgesetzt.

Ihr Eindruck ist, dass sie nach der Ansiedlung von Ikea aus der Region an den Stadtrand verdrängt werden sollen, damit ihre Wohnungen an ein gehobeneres Klientel vermietet werden können. Da hilft es natürlich, wenn die Jugendlichen als Störfaktoren stigmatisiert werden.

Sollte sich dieser Eindruck verfestigen, dann ist das kein „exzessiver Ausbruch frustrierter gelangweilter und aggressionsgeladener Jugendlicher“ gewesen, wie es die Polizeigewerkschaft nennt, sondern dann braut sich ein Gemisch zusammen, das irgendwann explodieren kann – wie 2010 in Neuwiedenthal, als mehrere Polizisten bei einer Massenschlägerei zum Teil schwer verletzt wurden.

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Jahrgang 1956, Seit 1983 bei der taz – zuerst bei der taz.hamburg und jetzt bei der taz.nord in Hamburg. Ressorts: Polizei, Justiz, Betrieb und Gewerkschaft. Schwerpunkte: Repression, progressive Bewegungen und Widerstand gegen Gentrifizierung

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