Längere Mietpreisbindung: SPD will Investoren schonen
30 statt 15 Jahre lang sollen Erbauer von Sozialwohnungen günstige Miete garantieren. Wenn sie denn wollen. Mit diesem Beschluss handelt sich die SPD Kritik ein.
Konflikte in Hamburgs SPD kommen auf leisen Sohlen, denn öffentliche Kritik am Senat gilt als Karrierekiller. Lassen sich unterschiedliche Positionen nicht vermeiden, werden Widersprüche glatt formuliert. So auch beim Wohnungsbau. Die Fraktion will längere Mietpreisgarantien für Mieter von Sozialwohnungen, aber Bausenatorin Jutta Blankau winkt ab.
Und um Blankau nicht auf die Füße zu treten, beschloss die SPD-Fraktion am Mittwoch in der Bürgerschaft einen windelweich formulierten Antrag zum Thema Sozialbindung. Im Begleittext argumentieren die Verfasser um den SPD-Abgeordneten Dirk Kienscherf noch vehement dafür, dass Bauherren, die Sozialwohnungen errichten, stadtweit günstige Sozialmieten statt für bislang 15 künftig für 30 Jahre garantieren sollen. Das sei bislang nur in „benachteiligten Quartieren“ wie Billstedt, Jenfeld oder Großlohe möglich.
Im eigentlichen Antrag wird dann nur noch gefordert, zu prüfen, ob eine „30-jährige Bindungslaufzeit“ im gesamten Stadtgebiet „angeboten“ werden könne, wenn der Investor denn zustimme. Denn eine zwangsweise Verlängerung der Bindungsfristen – wie von der Linken gefordert – würde den „gerade angekurbelten Wohnungsbau gleich wieder abwürgen“. Deshalb gehe das Ganze „nur auf freiwilliger Basis“.
Doch mit der Freiwilligkeit ist es nicht weit her. Anfang des Jahres hatte Blankau ihren Amtsleiter Matthias Kock bereits mit folgendem Statement vorgeschickt: „Längere Bindungen kriegen wir nicht durch, da spielt die Bauwirtschaft nicht mit.“ Damit räumt Kock ein, was der Senat gerne verschweigt: Obwohl die Stadt jährlich rund 2.000 Sozialwohnungen fördert, geht weit mehr günstiger Wohnraum verloren, als gebaut wird. Denn jetzt laufen nach 30 bis 40 Jahre massenhaft die Mietpreisbindungen der in den 1960er- und 1970er-Jahren gebauten Sozialwohnungen aus. „Wir haben 2012 unter dem Strich 3.000 Sozialwohnungen verloren“, sagt Kock. Dieser Verlust könne nicht durch Neubauten neutralisiert werden.
„Allein 2013 laufen 10.000 Wohnungen aus der Sozialbindung“, sagt die Linkspartei-Abgeordnete Heike Sudmann. Sie präsentierte jetzt einen Antrag, die 30-jährige Mietpreisbindung verpflichtend einzuführen. „Einer der entscheidenden Faktoren für den rapide rückläufigen Anteil an günstigen Wohnungen ist, dass die Belegungs- und Mietpreisbindungen nur noch 15 Jahre betragen“, so Sudmann. Probleme mit der Wohnungswirtschaft sieht sie nicht. Die Mär vom abgewürgten Bauboom sei nur „eine Drohkulisse“ und Blankaus Baubehörde „nicht dazu da, alle Investorenwünsche anstandslos zu erfüllen“.
Während die SPD-Mehrheit für ihren eigenen Antrag stimmte, wurde der Linken-Antrag in den zuständigen Ausschuss überwiesen. Doch für ihre verwässerte Offerte kassierten die Sozialdemokraten gestern viel Häme. Es sei „der Linken gelungen, die SPD vor sich herzutreiben und bloßzustellen“, amüsierte sich der Abgeordnete Jörg Hamann (CDU), und Olaf Duge (Grüne) unterstellte Kienscherf: „Ohne den Antrag der Linken wäre Ihr Antrag nie geschrieben worden.“
Leser*innenkommentare
Andreas
Gast
„Längere Bindungen kriegen wir nicht durch, da spielt die Bauwirtschaft nicht mit.“
Ja, das ist in jedem Fall richtig, denn mit dieser SPD läuft das so. Es ginge auch anders, aber ein Mal an die Macht gekommen, entdeckt die SPD ihr Herz für Investoren und die oberen 15 Prozent der Stadt. Immerhin ein wenig Zeit zum Networking mit den Millionären bleibt noch und ob Jutta Blankau nochmals in einen Senat berufen wird ... Ich frage mich, warum die SPD sich das mit ihren Wählern so verdirbt. Dieser Kienscherf ist doch aus dem Kahrsflügel, wenn der so was schreibt, ist das ein Hinweis.