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WARUM ES IN HONGKONG KEINE KP GIBTNicht einmal ein Ortsverein

VON SVEN HANSEN

NEBENSACHEN AUS HONGKONG

Die Volksrepublik China wird bekanntlich von der Kommunistischen Partei (KPCh) beherrscht. Die ganze Volksrepublik? Nicht ganz. Da gibt es eine Stadt mit sieben Millionen Einwohnern namens Hongkong. Die gehört seit 1997 zur Volksrepublik, genießt aber Autonomie. Wie weit diese reicht, darüber können Hongkonger trefflich streiten.

Die KPCh ist mit 73 Millionen Mitgliedern die größte Partei der Welt und hat sogar Zellen in den chinesischen Ablegern des gewerkschaftsfeindlichen US-Konzerns Walmart. Aber ausgerechnet in Hongkong gibt es die KPCh nicht. Unter der britischen Kolonialmacht war die KPCh, deren Sympathisanen 1967 in der Kronkolonie Unruhen anzettelten, auch verboten. Doch heute, wo die Stadt zur Volksrepublik gehört und sogar der 1. Mai Feiertag ist, gibt es die KPCh in Hongkong immer noch nicht.

Nicht ein Ortsverein ist in der ganzen Stadt zu finden. Dabei lockt in der Volksrepublik die Partei, die nur noch dem Namen nach kommunistisch ist, heute viele Menschen an, die Karriere oder Millionen oder beides machen wollen. Auch sitzen Hongkonger Millionäre in Peking in politischen Gremien, wo sie um Einfluss und gute Geschäfte buhlen.

Aber warum gibt es in Hongkong keinen KP-Ortsverein? Hongkongs Minister für Verfassungsfragen, Stephen Lam, erklärt das der taz so: „Die KPCh hat es nicht nötig, hier zu existieren. Schließlich regelt Hongkongs Verfassung, dass Hongkongs Regierung letzlich Peking untersteht. Das reicht Peking als Garantie.“ Ansonsten sei in Hongkong jeder frei, eine Partei zu gründen. Warum sich ausgerechnet die KPCh diese Freiheit nicht nimmt, erklärt der Abgeordnete Lau Kong Wah von der Peking-nahen Partei Demokratische Allianz (DAB) so: „Hier einen Ortsverein der KPCh zu gründen wäre ein Fehler. Die Hongkonger würden das nicht akzeptieren. Sie wollen, dass die Partei hier nicht aktiv ist.“ Dass seine DAB als Front Pekings gilt, will Lau nicht akzeptieren: „Wer das behauptet, muss es beweisen, aber das kann keiner.“

Auch die Abgeordnete Emily Lau von der Demokratischen Partei nicht. Sie sagt: „Natürlich existiert die KPCh in Hongkong – schon seit ihrer Gründung 1921. Jeder weiß, dass sie hier ist, aber die Form ist unklar. Würde sich die Partei zu erkennen geben, müsste sie viele Fragen beantworten: etwa, ob sie bei Wahlen antritt.“ Genau deshalb wünscht sich ausgerechnet die Antikommunistin Lau in Hongkong endlich eine sichtbare KPCh.

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