Wie aus Müll noch was werden kann

Auf der Bremer Messe „Waste to Energy“ diskutiert die Fachwelt über Entsorgungsmöglichkeiten für Abfälle. Neues Gesetz sorgt für Kapazitätsengpässe. Einige verpacken den Müll zur Zwischenlagerung, andere denken gar über Export ins Ausland nach

Bremen taz ■ Friedrich Sauerwald verpackt jetzt Müll. Früher, da ging es bei seinen Kunden vor allem um Gras und Stroh. Landwirte waren es, die ihre Ernte mit Hilfe seines Geräts lagerfähig machten, einer Vierkantballen-Wickelmaschine. Das ist ein hübsches Wort. Genau wie das Wort TASi. Doch TASi ist schuld daran, dass Entsorgungsfirmen nun ebenfalls Kunden von Sauerland werden: Sie müssen ihren Müll irgendwo zwischenlagern.

TASi, das steht für die Technische Anleitung Siedlungsabfall. Die ist seit Juni 2005 in Kraft und Hauptthema auf der Bremer Messe „Waste to Energy“. Noch bis heute diskutieren rund 2.000 Fachleute, wie man aus Abfall und Biomasse Energie gewinnen kann. Denn darum geht es: 14 Millionen Tonnen Restmüll, der bislang auf Deponien landete, muss nun zwingend verwertet werden. Irgendwie. Ganz so einfach ist das aber nicht.

„Verbrennungsanlagen, die hätten gebaut werden müssen, wurden verzögert“, behauptet Hans-Josef Sandkaul, Geschäftsführer der LLS Standardkessel GmbH. Logisch, er hat als Hersteller ein Interesse an Neubauten. Doch auch andere ExpertInnen reden von enormen Herausforderungen, vor denen man stehe. Diese betonen aber auch gern die Chancen, wenn aus Abfall plötzlich Rohstoff wird, sprechen vornehm nicht von Verbrennung sondern von „energetischer Verwertung“. 3,4 Millionen Tonnen Kohlendioxid könnten damit jährlich eingespart werden, errechnete Mitveranstalterin Ines Freesen. Müll ersetzt demnach Kohle und Gas in der Schwerindustrie oder wird in Müllheizkraftwerken verwertet.

Doch mit der Energieeffizienz der bestehenden Anlagen sei es nicht allzu weit her, sagt Michael Heyde von der Deutschen Gesellschaft für Kunststoff-Recycling, einer „Duales System“-Tochter. Als Entsorgungsanlagen seien diese geplant worden, nicht als Energieversorger. „Da gibt es an den Standorten dann nicht mal Fernwärmeleitungen.“ Wichtiger erscheint ihm da die Entwicklung von Ersatzbrennstoffen aus Kunststoffmüll mit erheblich höherem Brennwert. Säuberlich getrennte Verpackungen, brav im gelben Sack entsorgt, gehen also in Flammen auf. Ja, räumt Heyde ein, das sei schwer zu kommunizieren, oft aber ökologisch sinnvoll. „Die hauchdünne Chipstüte aus vier Materialien etwa wäre nur mit hohem Energieaufwand zu verwerten.“

Ganz verstehen werden dies wohl nur die Fachbesucher, die sich bei über 80 Vorträgen gar noch weiterbilden können. Nadine Rether von der Thüringer Firma Hammel, einer von 90 Ausstellern, hat dafür jedoch keine Zeit. Sie erläutert derweil, was ihre Schredder-Maschinen alles kleinkriegen: Paletten, Bäume, ganze Autos. „Ich fand die Art, Dinge zu zerkleinern, schon immer interessant“, erklärt die junge Frau ihren Weg ins Recycling-Gewerbe. Aha. Sie lacht: „Ich war wohl ein seltsames Kind.“

Frank Weber ist das Lachen dagegen vergangen. Der Entsorgungsunternehmer aus Bochum ist TASi-geschädigt. Es gebe einfach nicht genug Entsorgungskapazitäten, vieles sei zu spät angegangen worden. Weber denkt schon an den Verkauf seines Mülls ins Ausland nach. Vielleicht aber sollte er sich zunächst erstmal Sauerwalds Maschine anschauen. Achim Graf