Hilflos im Umgang mit Missbrauch

PRÄVENTION Kommt es im Sportverein zu sexueller Gewalt an Kindern, reagieren die Vereine meist falsch. Das folgert Niedersachsens Leichtathletikverband aus einer landesweiten Befragung unter 157 Vereinen

In der Studie berichten die Vereine von zwölf Verdachtsfällen seit den 90ern

Die Aufklärungsarbeit zum Thema sexuelle Gewalt im Kinder- und Jugendsport muss aus Sicht des niedersächsischen Leichtathletikverbands (NLV) intensiviert werden. Sollte es zu einem Missbrauchsfall kommen, seien die „Vereine vor Ort oft noch hilflos“, sagte Verbandsgeschäftsführer Andreas Horn bei der Vorstellung einer Studie des NLV und des sportwissenschaftlichen Instituts der Uni Göttingen.

300 der gut 900 Leichtathletikvereine wurden dafür im Dezember 2012 mit Fragebögen angeschrieben. 157 beteiligten sich. Demnach halten 94 Prozent der Sportvereine die Behandlung des Themas sexuelle Gewalt für wichtig. Von sich aus aufgegriffen haben es aber nur 38 Prozent. Dabei berichteten die 157 Vereine von zwölf konkreten Verdachtsfällen, die es bei ihnen teils in den 1990ern, aber auch erst 2012 gegeben hat. In acht Fällen lag eine Tat vor. Näheres geht aus der Studie nicht hervor – sie wurde anonymisiert erhoben.

Die Hilfslosigkeit der Vereine zeigt sich Horn zufolge vor allem im Umgang mit Verdachtsfällen: Mehr als ein Drittel würde die Verdächtigen direkt ansprechen. Davon rät Horn ebenso ab wie von „eigener Detektivarbeit“. Die Empfehlung des Verbandsmanns: Im Verdachtsfall sofort professionelle Hilfe hinzuziehen, etwa von Beratungsstellen. Auch empfiehlt er, zunächst nicht die Polizei einzuschalten. Die müsse beim Verdacht von sexueller Gewalt immer ermitteln. Das könne „verheerende Folgen“ für die Beschuldigten haben, sollte sich ein Vorwurf als falsch erweisen, so Horn.

Um Missbrauch im Sport zu verhindern, brauche es eine „Kultur des Hinschauens“ innerhalb der Vereine. Maßnahmen wie etwa von Trainern polizeiliche Führungszeugnisse zu verlangen, sieht er dennoch skeptisch. Das könne nur „ein Baustein“ sein, sagt er. Bei Niedersachsens Landessportbund (LSB), dem Dachverband der Sportvereine, sieht man das ähnlich: Hauptberuflich Beschäftigte, die Umgang mit Minderjährigen haben, müssen dort ein Führungszeugnis vorlegen. Den Vereinen empfiehlt man bislang aber nicht, dies auch von Trainern zu fordern, anders als Bremens LSB. Wollen Übungsleiter in Niedersachsen eine Lizenz verlängern oder erwerben, müssen sie dem LSB allerdings eine Selbstverpflichtung unterzeichnen, dass sie ihr Amt nicht für sexuelle Kontakte zu Minderjährigen missbrauchen.  THA