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Keine Skisaison in SichtAufschwung wird vertagt

Weil es im Harz viel zu warm für Kunstschnee ist, muss der Saisonbeginn am Wurmberg auf unbestimmte Zeit verschoben werden.

Der Brocken: Ski und Rodel schlecht – im Harz ist es grün und sonnig Bild: dpa

HARZ taz | Ach!, es wird nix, schon wieder: Vergangenes Wochenende war es Pech gewesen. Da war es zu stürmisch, selbst im Harz, und Wurmbergseilbahn-Geschäftsführer Dirk Nüsse musste den Saisonstart verlegen, denn „bei dem Sturm wird die Seilbahn nicht wie geplant fahren können“ – ist aber auch ein dummer Zufall, so ein Herbststurm Anfang Dezember.

Fairerweise muss man indes zugeben, dass der Harz auch sonst als gut durchlüftetes Eckchen gilt, mit Brocken und Bad Harzburger Burgberg streiten sich zwei seiner Gipfel um den Titel des windigsten Berges Deutschlands – aber dass es ausgerechnet zum Saisonstart sein muss … Na ja, es wäre wohl auch mit dem Beschneien unter Starkwindbedingungen problematisch geworden: Die meisten Industrieschnee-Partikel sind ja nur um 0,05 Millimeter klein, das ist knapp ein Zehntel einer Durchschnitts-Flocke, und selbst die werden ja schnell verweht.

Aber jetzt ist der Sturm vorbei, und mit linden elf Stundenkilometern streicht sanft ein zärtlicher Zephyr über Niedersachsens höchsten Berg. Die Sonne strahlt, der Himmel ist blau, so blau. Alles wie gemalt für einen perfekten Saisonstart, und wo der Niederschlag fehlt, sollen ja 100 Schneilanzen eine schneesichere Saison garantieren – also ab jetzt bis April, richtig wetterunabhängig. Also fast. Bloß: Es ist schon wieder nix geworden.

Am Donnerstag musste der arme Nüsse bekannt geben, dass es leider an Schnee fehlt, infolge eines „ungewöhnlichen Warmlufteinbruchs“. Der liegt freilich im Trend: Im Laufe von 150 Jahren ist die Durchschnittstemperatur auf dem Wurmberg um 2 Grad gestiegen. Und, wenn’s wärmer ist, als minus 3 Grad, sind Schneekanonen leider nur sauteure Hangduschen. Macht aber nix: „Das für den Wintersport ungeeignete Wetter nutzen wir, um Wartungsarbeiten fortzusetzen“, so Nüsse. „Wir erhoffen uns, dadurch die Skisaison nach hinten zu verlängern.“

Und Samstagnacht soll es ja knackig kalt werden, da oben am Hang: Mit etwas Glück klappt es also zum vierten Advent, wenn nicht bis dahin sofort alles wieder abschmilzt, denn, schade, schade, schade: Bis kurz nach Weihnachten sind am Wurmberg Nachttemperaturen von -1 bis +2 Grad prognostiziert. Und tagsüber… ach, verflixt!

Na, aber irgendwann hat die Warterei mal ein Ende, und dann wird es starten, aber sofort, schon weil die Rentabilitätsberechnung 100 Betriebstage zu Grunde legt und die Enttäuschung zu groß wäre, auch in Hannover. Denn, wie der Sprecher von Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) im September mitgeteilt hat, hält man dort „den Ausbau des Wintersportangebots im Harz für erfolgversprechend“: Gut also, dass die Vorgängerregierung da schon 2,5 Millionen Euro an Wurm- und Bocksberg reingesteckt hat.

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2 Kommentare

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  • Hallo Herr St. Paulianer,

    Befürworter des Projektes waren es, die unsachlich und

    aggressiv gegen jeden vorgingen der den Bedarf einer sachlichen

    Diskussion hatte. Der Autor hat nun mehrfach sachlich über das

    Projekt berichtet. Gerade in der Ausgabe 7./8.12. Titel : was ist es

    was da schneit.

    Wer vor Ort dieses Kasperletheater mit nicht funktionierender Technik,

    nicht vorhandenem Verkehrskonzept etc. verfolgt, kann den ironischen

    Ton sehr gut nach vollziehen Die in diesem Zusammenhang immer wieder zitierte Gutachterin hat ebenfalls ganz

    sachlich und wissenschaftlich auf die Problematik und Entwicklung der

    klimatischen Bedingungen hingewiesen... und wurde dafür absolut

    unsachlich kritisiert.

    Die Einstellung..." ich will Spaß, ich will Spaß" auf Kosten derer die

    ein Scheitern des Projektes bezahlen, nämlich der ohnehin in BRL stark

    belastete Bürger, spiegelt leider die sehr kurzsichtige soziale

    Verantwortungsbereitschaft unserer Gesellschaft wieder. Womit ich jetzt

    zum Thema Klimakatastrophen auf den Philippinen etc. und unseren

    Beitrag als Spaßgesellschaft kommen könnte.

    Übrigens könnten kreative Verantwortliche einer Stadtentwicklung, die nicht an der Förderung eines Privatinvestors interessiert sind,

    vielleicht erkennen, dass sie mit dem

    WB Projekt an zukünftiger zahlungskräftiger Urlauberklientel vorbei

    plant.

    Viele und vor allem auch junge Besucher haben schon geäußert, dass der

    Wurmberg für sie als Erholungs- und Wandergebiet erledigt ist und damit

    BRL nicht mehr zwangsläufig als Urlaubsort in Frage kommt.

    Gut wäre es in Hinblick auf viele Themen, wenn man nicht Investitionen

    in fragwürdige Projekte damit legitimiert, dass es noch fragwürdigere

    gibt. Wo ist da die Logik?

     

    Was die Freischaltung ihrer Kritik anbetrifft.... die TAZ heißt nicht

    GZ !!!

  • S
    St.Paulianer

    Guten Tag Herr Artikelverfasser,

    mir scheint es so als würde in Ihrem Artikel Ironie stecken, ja sogar Schadenfreude. Mir fällt es schwer das nach zu vollziehen. Sicher sind sie kein Skifahrer und der wirtschaftliche Erfolg des Ortes Braunlage und seiner Umgebung, bzw. die Hoffnung der Menschen dort scheint Sie wenig zu interessieren. Stattdessen verhöhnen Sie sie, anstatt sachlich es in Frage zu stellen, ob es richtig ist einen Berg künstlich zu beschneien.

    Ich habe mich sehr über den Ausbau der des Braunlager Skigebietes gefreut und wünsche den Menschen vor Ort und allen Skifahrern wie mir, dass es bald besser wird und nächstes Jahr die beschneiung problemloser verläuft, in Bezug auf Technik und Witterung. Und nebenbei: es wurde schon sehr viel mehr geld in fragwürdigere Projekte gesteckt, als das Projekt Erweiterung Wurbergseilbahn. Na mal sehen, ob dieser Kommentar freigeschaltet wird...