Exotische Jubelkultur

BASEBALL Die Dominikanische Republik holt den Weltmeistertitel – in den USA

Wieder einmal sind die USA früh im Turnier gescheitert. Die großen Stars hatten fast alle abgesagt

DALLAS taz | Im März kann es in San Francisco durchaus ungemütlich werden. An diesem Dienstag regnete es in Strömen – und der Plan, den US-amerikanischen Nationalsport mit einem stimmungsvollen Endspiel des World Baseball Classic (WBC) auch in anderen Regionen der Welt prominenter zu machen, fiel buchstäblich ins Wasser.

Zwar bekamen die Organisatoren der inoffiziellen Weltmeisterschaft das Finale über die Bühne, aber eine Werbung für Baseball war der 3:0-Sieg der Dominikanischen Republik über Puerto Rico nicht. Der Regen war zeitweise so stark, dass Abbruch drohte, und auch als er nachließ, waren die Verhältnisse eigentlich irregulär. Prompt leisteten sich die Spieler manchen Lapsus, und die Zuschauer auf den eher spärlich besetzten Rängen waren so damit beschäftigt, sich unter Regenschirmen zu verstecken, dass keine rechte Stimmung aufkommen wollte.

Den Dominikanern war’s egal. Endlich haben sie die den Titel in die baseballverrückte Heimat gebracht und sind nun, so Trainer Tony Pena, „für alle Ewigkeiten Nationalhelden“. Eine Überraschung war der Erfolg allerdings nicht: Die Dominikanische Republik war als Favorit ins Turnier gestartet. Die Karibikinsel hat jede Menge Profis hervorgebracht, die in den USA in den Major Leagues (MLB) auf höchstem Niveau spielen.

Den Gegner allerdings, der das Finale zum karibischen Derby machte, hatte niemand im Endspiel erwartet: Zwar stehen Puerto Rico auch einige MLB-Profis zur Verfügung, aber der Halbfinalesieg gegen Japan, das die beiden ersten Auflagen des Turniers gewonnen hatte, war eine Sensation. Noch erstaunlicher war allerdings, dass Puerto Rico davor schon die USA aus dem Turnier befördert hatte.

Vielleicht war es auch nicht erstaunlich: Denn in den USA hat sich das Spiel zwar einst entwickelt, aber besser als mit einem vierten Platz haben die Erfinder beim WBC noch nie abgeschnitten. Während es für die Spieler aus jenen Ländern in Asien und Lateinamerika, in denen Baseball oft bedeutender als Fußball ist, nichts Größeres gibt, als für ihre Nationalmannschaft anzutreten, durfte Joe Torre, Cheftrainer der USA, vor allem Absagen amerikanischer MLB-Stars abheften. Schließlich sehen es die meisten MLB-Teams nicht gerne, wenn ihre besten Akteure, denen sie Millionen zahlen, das Trainingslager unterbrechen, um ein – im Vergleich zu der anderthalb Jahrhunderte alten MLB – bedeutungsloses Turnier zu spielen und sich womöglich zu verletzen.

Trotzdem sah Amerika mit freundlichem Interesse zu, als der WBC Anfang März begann. Und wunderte sich: Spieler ballten die Faust, nur weil sie einen Ball gefangen hatten, feuerten sich gegenseitig an, schwenkten Fahnen und fielen sich bei den geringsten Anlässen um den Hals. Was soll das?, fragt sich da der amerikanische Baseballfan, der seine Profis vornehmlich als coole Kaugummikauer und Kautabakspucker kennt, die angesichts einer 162 Spiele währenden Saison mit ihren Kräften haushalten müssen.

Die Amerikaner müssen sich im Baseball erst noch an das Konzept mit dem Nationalstolz gewöhnen. Kommentatoren verglichen das Turnier denn auch immer wieder mit der Fußball-WM – und das nicht nur, weil es ebenfalls im Vierjahresrhythmus stattfindet: Noch also erscheint dem durchschnittlichen Fan der World Baseball Classic nahezu so obskur und exotisch wie dieses seltsame Soccer. THOMAS WINKLER