piwik no script img

Press-Schlag HoeneßAlles nicht so dramatisch

Kolumne
von Markus Völker

Wie geht es nun weiter mit dem FC Bayern München? Ganz einfach: wie bisher. Uli Hoeneß taugt selbst in Haft noch zur Identifikationsfigur.

Selbst ein Gitterzaun trübt das leuchtende Grün des Vereinsrasens nicht Bild: dpa

B is nach England ist die Kunde von den Kalamitäten des FC Bayern München gedrungen. Der Bundesliga- und Ballbeherrscher habe trotz der vorhersehbaren Verurteilung keinen Notfallplan aufgestellt, wie der Präsident zu ersetzen sei, und stehe ohne ihn vor einer heiklen Ära, heißt es im Guardian.

Es ist richtig, dass Uli Hoeneß, 62, im Verein nicht zu ersetzen ist. Er war auf seine Weise einzigartig, hat den Klub zu finanzieller und spieltechnischer Blüte gebracht. Aber dramatisch ist sein Fehlen nicht. Über Jahre hat er sich in die Tricksereien des Geschäfts einarbeiten dürfen.

Auf dem Höhepunkt seines Schaffens hat er sich nun an die Spitze der deutschen Steuersünderlein gesetzt. Ist halt blöd, wenn so ein deutsch-schweizerisches Steuerabkommen scheitert und man nicht mehr weiß, wohin mit seiner Steuerschuld aus alten Zockertagen.

Hoeneß bleibt dem Verein natürlich erhalten. Landsberg am Lech, wo er bald sein Quartier im dortigen Knast aufschlägt, ist nah dran an München. Schon nach wenigen Monaten dürfte man ihn wieder als Freigänger an der Säbener Straße oder im Stadion sehen. Bis dahin muss er vielleicht hier und da den Einflüsterer und stillen Ratgeber spielen, aber der Laden des FC Bayern läuft auch ohne ihn.

Bayerns zwölfter Mann sitzt im Knast

Der Verein mag technokratischer werden, blutleerer, wenn Leute wie Rummenigge und Sammer in vorderster Linie agieren, aber so etwas wie administratives Chaos oder gar Hilflosigkeit wird es nicht geben. Hoeneß hat in den letzten Jahren eh nur noch die grobe Richtung vorgegeben.

Hoeneß-Nachfolger

Adidas-Chef Herbert Hainer ist als Nachfolger des zurückgetretenen Uli Hoeneß bis auf weiteres Aufsichtsratsvorsitzender der FC Bayern AG, teilte der Verein mit. Der 61-jährige Karl Hopfner, 1. Vizepräsident des Vereins und Mitglied des Aufsichtsrates, wurde ebenfalls einstimmig bis auf weiteres in den Präsidialausschuss des Aufsichtsrates gewählt.

Die kleinteilige Arbeit haben andere erledigt, jeweils Spezialisten auf ihrem Gebiet. Der FC Bayern ist nicht nur auf dem Spielfeld bestens aufgestellt, auch auf der Verwaltungsebene. Dazu kommt, dass Hoeneß als Identifikationsfigur keineswegs ausfällt. Als reuiger Sünder sitzt er jetzt hinter Gittern, als „steuerehrlicher“ Mann, der sich täglich Asche auf Haupt streut. Wird einem da nicht schon wieder warm ums Herz?

Die Bayern-Fans werden ihn nach wie vor lieben, ihren Uli. Und der Verein wird die Resozialisierungsmaßnahmen flankieren mit vielen Siegen und einer Ballbesitzquote von annähernd 90 Prozent. Es gilt die Prämisse: Jeder Sieg ist ein Sieg für den Ex. Bayerns zwölfter Mann sitzt in der JVA Landsberg am Lech.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
  • SF
    Stephan Franck

    Das Urteil gegen Honess wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet: Warum wird der Anfangsverdacht für so schwerwiegende Straftaten immer von Journalisten gesetzt? Und, was passiert denn nun mit dem Rest der Berlin/Müncher Amigo Mafia? Geradezu erschreckend ist der Gedanke, diese zwei Fragen könnten etwa im Zusammenhang stehen.

     

    Es hätte durchaus in die Ermittlungen gehört zu fragen, wo die 20 Mio eigentlich herkommen. Welcher Bauunternehmer hat das Geld gespendet und welchen Auftrag hat er dafür erhalten?

     

    Ermittlungsansätze gibt es genug. Zum Beispiel zahlt der Steuerzahler jedes Jahr eine Milliarde für den Netzausbau der Bundesbahn an ein privatrechtlich ausgestaltetes Verteilungsgremium. Die Verteilungskriterien, die von diesem Gremium angewendet werden, sind auch durch Bundestagsfraktionen auf parlamentarische Anfrage hin nicht in Erfahrung zu bringen.

     

    Wer einmal versucht hat, den "Schnellzug" von Brüssel nach Köln zu nehmen, musste feststellen, dass dieser auf deutscher Seite abgebremst werden und über lange Strecken Schrittgeschwindigkeit fahren muss. Wenn nun in afrikanischen Staaten ungepflasterte Strassen entdeckt werden, obwohl das Land in der Vergangenheit Entwicklungsgelder erhalten hat, gilt dies als Anfangsverdacht für ein bestechliches System. Derselbe Ansatz muss auch in Deutschland gelten, insbesondere dann, wenn die Berlin/Münchner Amigo Mafia sich in der parlamentarischen Diskussion darauf beruft, dass die Intransparenz eines Systems gewollt ist.

  • G
    Gast

    Selbst der FC St. Pauli hatte mal einen Millionär als Identifikationsfigur... Es gibt nur ein Papa Heinz (Weisener). Ein Schelm, der munkelt, dass bei dem Herrn Immobilienerbauer finanziell auch nicht alles korrekt lief.

    Ohne die Ulis und Heinzes hätten viele Vereine wenig Chancen. Fußball ist halt ein Spiel im Kapitalismus. Und Merchandising auch - egal ob beim FC St. Pauli oder in Bayern.

    Schadenfreude hat man nun mal eher wenn es gerade mal nicht den eigenen Verein betrifft. Alles menschlich.

  • S
    Schramm

    Bourgeois Hoeneß und geschminkte(bürgerliche) Klassenjustiz heute.

     

    Merke: Die bundesdeutsche Klassenjustiz liefert ein harmonisches Urteil für den Spekulanten und Bourgeois, den allseits geliebten Bayernkönig Hoeneß. Angenehme 3,5 Jahre auf dem Papier und vorzeitige Haftverschonung. Sein Raubvermögen, nur abzüglich eines Teils der unterschlagenen Steuermillionen, kann die Familie weiterhin behalten und 'legal' vermehren.

     

    Der gewöhnliche kleine Bankräuber bekommt vier bzw. fünf Jahre - ohne Bewährung, gegebenenfalls Einzelhaft und Sonderbehandlung, einschließlich Vergewaltigung. Anschließend landet er im offenen Hartz-IV-Strafvollzug, wie Millionen vormals mehrwertschöpfende Arbeitslose auch, und unter Polizeiaufsicht, Jobcenter- und Sozialaufsicht. Am Lebensende gibt es Armutsrente ... und 'natürliche' Verkürzung der Lebenserwartung.

     

    Frage: Merken die braven treudeutschen Michels und "Sozialpartner" der Bourgeoisie und deren Staat und Justiz noch etwas?

  • Hört das auch mal wieder auf mit der

    Hoeneß-Berichterstattung?

    • @vic:

      Es reicht noch lange nicht. Auch interessant, mal ganz langsam zum Mitdenken:

      Die Kanzlerin von Deutschland fühlt sich bemüßigt sofort öffentlich ihren hohen Respekt vor einem verurteilten Kriminellen zu äußern, nur weil der das Urteil annimmt?!

      Sie selbst muss seit 2008 die Folgen von Steuerhinterziehung und maßloser Bereicherung unserer "Eliten" bekämpfen, genannt "Schuldenkrise".

      Bekanntlich bräuchte selbst Griechenland keinen Cent wenn deren Elite die Steuern nach recht und Gesetz gezahlt hätten, wie es Busfahrer und Altenpfleger tun. Aber dieses "Problemchen" lässt sich ja viel angenehmer lösen, als durch die Vergrätzung ihrer EliteFreunde: durch Sozialkürzungen dort, aber auch hier. Letztere interessieren unsere Aufklärungspresse allerdings weniger. Rentenbeiträge für ALGII-Empfänger wurden gekillt, Übergangsregelungen für Ältere, usw.. Die alle können sich bei Mutti und Ulli bedanken. Er hat sich als eine Art vollgefressener Robin Hood erweisen, der viel Geld von den armen Mitbürgern nimmt und ein bisschen davon stolzgeschwellt an sie zurück gibt. Das ganze ist Übelkeit erregend, und bezeichnend für unser System.

      • @thobode:

        Das sehe ich auch so, musst du mir nicht erklären. Es ist nur: Dieser Name verursacht bei mir Übelkeit, ebenso wie der Ex-Bischof Protz.

        Solche Leute sind das Problem, nicht Flüchtlinge und Verfolgte.

      • R
        Rentner+Steuerzahler
        @thobode:

        --**Die Kanzlerin von Deutschland fühlt sich bemüßigt sofort öffentlich ihren hohen Respekt vor einem verurteilten Kriminellen zu äußern, nur weil der das Urteil annimmt?!***

        JA, ist für mich auch unglaublich, oder m u s s te sie vielleicht was sagen, ist ja eine "politische" Straftat --

      • JD
        John Doe
        @thobode:

        Stimme Vic zu, zumindest auch dieser taz-Artikel ist nicht nur absolut überflüssig, er ist eine Unverschämtheit, verwendet der Autor doch einen Diminutiv, der so im Kontext mit Hoeneß auch noch nicht zu lesen war(!): "Steuersünderlein".

        That's abartig.

  • TB
    Totti bei TAZ

    Der große und objektiv wahre Skandal ist es, dass eine Bundesregierung die zigtausenden Hoeneß' und deren Steuerflucht mittels Deutsch-Schweizer Steuerabkommen legalisieren wollte und so etwas wie astreine, die Gesellschaft und den Staat massiv schädigende, kriminelle Machenschaften in legale Geldwäsche umwandeln wollte. Korrupter als Regierungsmitglied geht es nicht mehr. Die überwiegend gleichen Leute sind noch immer in hohen politischen Ämtern und Würde. Der diese objektiven Tatsachen noch übersteigende Skandal ist es, dass die betroffene Gesellschaft den hier zuvor benannten Sachverhalt ignoriert und sich stattdessen an der Personalie Hoeneß echauffiert und hoch zieht. Widerlich. Ich schäme mich zutiefst ein Deutscher zu sein.

     

    Für Uli Hoeneß empfinde ich höchsten Respekt zu seiner Entscheidung sich den Konsequenzen seines Fehlverhaltens zu stellen und die Haft anzutreten. Das hat mehr Klasse, Format, Rückrat und Courage, als es die feigen, opportunistischen 99 % dieses Landes es haben. Das es dabei die Mehrheit ist macht es nicht richtig, macht die grenzenlose Dummheit nicht intelligent.

    LG an die TAZ

    Weitermachen!

  • L
    lichtreflexionen

    selbst merkel meint nun,dem, der auf grund der sich seinen taten

    nähernden journalisten und steuerfahndung zu selbstanzeige sich retten wollenden,respekt bezeugen zu müssen,weil er sich von einem revisionsverzicht wohl mehr verspricht,als eine evtl. höhere strafe und weitere kosten.

    ob frau merkel und herr seehofer anderen organisierten krimnellen auch soviel respekt

    bezeugen möchte?auch kann höneß

    so mit strafverkürzung um 1/3 rechnen.bei einer revision hätte es mehr werden können.

    der ganze sachverhalt ist nicht unbedingt ein beweis für einen funktionierenden rechtsstaat sondern eher von einer hochpolitischen kumpanei.denn es waren sternreporter deren rechtsabteilung ihm näher waren als die steuerfahndung.und diese

    respektsbezeugungen beweisen dass man das bescheißen der öffentlichkeit auch im kanzlerinnenamt gelernt hat.u.a.

    genau da wo man sich eben so mal 800 euro mehr in die tasche gesteckt hat.anbetracht der bisher vermeindlichen höhe der hinterzogenen steuern,nicht mehr nur eine unangemessenheit der kanzlerin.eher eine moralische und rechtliche selbstdisqualifikation im amt.

    sicher auch kriminelle können ehre und stil haben und fehler kann man korregieren.aber wer seine ehre vor der tat nicht vergißt, muß sich hinterher nicht mehr drum bemühen.notwehr war die steuerhinterziehung ja nun mal nicht.auch wenn manche sie gern gekoppelt sehen möchten.ob man mal bei denen nachfagt die deutschland nur aus dieser neofeudalenunterschichtsperspektive erleben durften...denen die immer noch keinen mindestlohn erhalten oder den 850.-eurorentnern nach 40 jahren

    einzahlung.oder den versicherten denen politiker rechtswidrigerweise nun die

    vertraglich zugesicherten zinsen

    reduzieren will.

    deutschlend ist ein betrugsland

    und höneß istsicher nicht der erste und einzige steuerhinterzieher in dieser größenordnung in bayern und der brd.wir werden nur nichts mehr erfahren.bei selbstanzeige werden keine namen mehr genannt.

  • Jeder der Hoeness im Knast sehn moechte weil er Praesident des grossen FCB ist, ist ein missguenstiger Verlierer.

    Er sitzt allein wegen seiner Steuerschuld die er verbergen wollte.

     

    Ich verstehe nicht wie man da jetzt an den Haaren herbeigezogene Dinge in die Vereinsseele interpretieren muss.

    Ist es denn so verwerflich, dass man seinen Mitarbeiter nicht sofort nach der ersten Artikelflut absaegt oder fallen laesst wie eine heisse Kartoffel nur weil Rest der Nation die Sau auch durchs Dorf treibt.

    Einen Bruder/Sohn/Vater wuerde man doch auch so gut wie moeglich beistehen im Falle einer Inhaftierung.

     

    Aber dass genau moechten die Neider dem Uli nicht goennen:

    Dass der Uli Leute hat, die nicht nur in guten sondern auch in schlechten Tagen zu ihm stehen. - Eine Familie.

     

    Die eigene Missguenstige Sensationsgeilheit waere doch noch viel mehr befriedigt, wenn Uli total am Boden laege und selbst der FCB inklusive Fans mit Steinen auf ihn werfen wuerden, ... nicht wahr Herr Voelker?

    • @Raeuber Alibabas:

      ist das dein hund? ich denke nicht ; )

  • Übrigens ist nicht jeder Fan des FC Bayern auch gleich ein Bewunderer Hoeneß'. Ja, es soll sogar Vereinsmitglieder geben, die ihn nicht mögen.

  • Es ist der Geist,

    wo Du gleich weißt,

    dass man bescheißt.

    • L
      lichtmess
      @lichtgestalt:

      sehr schön geschrieben...nur den chor der respektsbezeuger obwohl auch zu diesem geist gehörend,hättest du noch andeuten können.

      • @lichtmess:

        OK. Mehr Licht. Egal in welcher Form oder Gestalt. :-)

         

        "Wer hierzu noch Respekt erweist,

        ist sicherlich vom gleichen Geist!"

  • T
    that

    Der Geisteszustand der bundesrepublikanischen Gesellschaft ist extrem besorgniserregend!Ich bin gespannt, wann der Wurstfabrikant Höneß heilig gesprochen wird?

    Hinsichtlich der Begründung ...nicht in Revision zu gehen und gar nur von einem Fehler und nicht einer kriminellen Tat zu sprechen erinnere ich an

    Wilhelm Busch:

    "Kritik des Herzens

    Die Selbstkritik hat viel für sich.

    Gesetzt den Fall, ich tadle mich",

    Herr Höneß spricht erneut nur von Fehler!)

    "So hab' ich erstens den Gewinn,

    Daß ich so hübsch bescheiden bin;

     

    Zum zweiten denken sich die Leut,

    Der Mann ist lauter Redlichkeit;

    Auch schnapp' ich drittens diesen Bissen

    Vorweg den andern Kritiküssen;

     

    Und viertens hoff' ich außerdem

    Auf Widerspruch, der mir genehm.

    So kommt es denn zuletzt heraus,

    Daß ich ein ganz famoses Haus."

     

    Macht Landsberg am Lech zu einem Wallfahrtsort!

    • @that:

      Mein verehrter W.B. Danke.