Der Herr mit dem Hammer

Immer auf der Suche nach dem Eigentlichen: Das Duisburger Museum Küppersmühle zeigt eine großzügig installierte Überblicksausstellung mit Werken des Objektkünstlers Georg Uecker

VON KÄTHE BRANDT

Der Wiedererkennungswert ist hoch: Hammer und Nagel sind seit 1957, als das erst weiße Nagelobjekt entstand, sein Handwerkszeug. Der gelernte Anstreicher und Zimmermann Günther Uecker, geboren 1939 im mecklenburgischen Wendorf, vollzog seine ersten Kunstübungen heimlich und vom Vater beargwöhnt, ließ er sich an der Fachschule für Angewandte Kunst in Wismar als Propagandakünstler instrumentalisieren, bis er schließlich 1953 nach Westberlin übersiedelte. An der Düsseldorfer Akademie studierte er bei Otto Pankok, der wegen seiner antifaschistischen und kommunistischen Gesinnung zu Ueckers Mentor wurde. Und Uecker selbst zu einer der zentralen Künstlerfiguren Düsseldorfs.

Im Duisburger Museum Küppersmühle ist nun eine große Überblicksausstellung mit dem Titel „Das Eigentliche“ zu sehen. Die räumlich großzügige Installation tut Ueckers Arbeiten gut, lässt sie ihnen doch genug Platz zum atmen. Der Vielfalt zum Trotz macht die Ausstellung einen sehr homogenen Eindruck. Immer wieder tauchen die selben Techniken, Materialien, Strukturen, Gestaltungs- und Formelemente auf. Zielten die Arbeiten der späten 50er, der 60er und 70er Jahre noch auf das konkrete Erleben von Farbe, Material und Lichtwirkung, so schieben sich im Laufe der Zeit immer häufiger gegenständliche Motive zwischen Werk und Betrachter, werden die Arbeiten und Materialien mitunter gar symbolisch befrachtet. Die sensible Oberflächentextur der monochromen Bilder scheint dabei auf den ersten Blick im Widerspruch zu stehen zu den teils aggressiven Eingriffen, Schnitten, Aufbrüchen, Verkleisterungen oder Vernagelungen. Das die Uecker-Ausstellung in Duisburg nicht so umfangreich ist wie in Berlin, wo sie Anfang des Jahres zu sehen war, schadet nicht: Abgespeckt wirkt sie wesentlich dichter und konzentrierter.

Als sich in den späten 1950er Jahren die Gruppe „Zero“ in Düsseldorf formierte, ging es ihren Begründern auch darum, den bislang gültigen Formen der künstlerischen Erforschung und Durchdringung des Raumes etwas Neues entgegenzusetzen. Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker sind die Hauptfiguren jener spielerischen Demontage des gemalten Tafelbildes. Mit Licht, Bewegung und Monochromie, performativen Akten künstlerischer Selbstvergewisserung und multimedialen Spektakeln rückte die Düsseldorfer Avantgarde jener Jahre bis in die Diskotheken vor. Rabiat bis poetisch inszenierte die Gruppe ihre Aktionen in den wichtigen europäischen Museen, auf Biennalen und auf der documenta. Das gemeinsame Streben richtet sich, so die beflissene Kunst-Prosa des Zero-Mitbegründers Otto Piene, auf „die Reinheit der Farbe, die Wirkungsweise von Naturvorgängen, die Freiheit des neuen Raumempfindens und die Faszination des Lichts“. Der romantische Idealismus jenes Aufbruchs, den in weiterem Sinne politischen Anspruch seines Arbeitens hat Günther Uecker bis heute nicht aufgegeben oder in ironischen Distanz-Gesten versteckt. Seine Werke und Aktionen, die Übernagelung von Gebrauchsgegenständen, die kinetischen Objekte, konzeptuellen Handlungen, die Filme und Zeichnungen, Fotoübermalungen und Earth Art-Performances haben nichts von ihrer Glaubhaftigkeit und Authentizität verloren, selbst wenn die Arbeiten schwerer geworden sind und mitunter fast etwas barock wirken: inhaltlich aufgeladen mit den Erfahrungen seiner langen Reisen und den Schrecknissen des 20. Jahrhunderts. „Mein ganzes künstlerisches Tun ist ein Ringen um ein komplexes Menschenbild im Prozess der Selbsterkenntnis.“ Der Künstler Günther Uecker scheint unverzagt weiterhin auf der Suche nach dem Eigentlichen zu sein. Was auch immer das sein mag.

Duisburg, Museum Küppersmühlebis 26. Februar 2006Katalog 20 Euro