Emotionale Bundesliga-Trainer: Arschkalt und unverbogen
Christian Streich und Torsten Lieberknecht gelten als aufbrausend. Im direkten Duell geben sie sich alle Mühe, dieses Klischee zu widerlegen.
FREIBURG taz | Pressekonferenzen sind in Freiburg in dieser Saison zuweilen sehr ernste Angelegenheiten – und das, obwohl der ortsansässige Bundesligist einen Trainer beschäftigt, der zu den eloquenteren und originelleren der Branche gehört. Doch zu oft hat sich ebenjener Christian Streich vom Schicksal im Allgemeinen und den Schiedsrichtern im Speziellen schlecht behandelt gefühlt. Und das nicht immer zu Unrecht.
Am Samstag nach dem 2:0-Erfolg gegen Eintracht Braunschweig saß einer neben ihm auf dem Podium, den man gewissermaßen als sein Alter Ego bezeichnen kann. Thorsten Lieberknecht ist eine ehrliche Haut und ein Trainer, der für eine bestimmte, durchaus ansehnliche Art von Fußball steht. Das alles dürfte das gute Verhältnis erklären, das die beiden verbindet.
Zumal auch dieser Lieberknecht – Wohnort: Niedersachsen, Sozialisierung und Dialekt: Pfalz as Pfalz can be – ja immer wieder mit den Vierten Offiziellen zusammenrasselt, weil sein energiegeladenes Coaching der pfeifenden Zunft auf den Zeiger geht. Nichts hassen die Unparteiischen schließlich mehr, als wenn die Volksmassen in Rage versetzt werden, weil der geschätzte Trainer sich nach allen Regeln der Kunst und gut erkennbar für alle auf der Tribüne echauffiert.
Zuletzt war es Braunschweigs Trainer, der sich den geballten Ärger der Fußball-Offiziellen zuzog. In Leverkusen hatte der Referee ein Knochenbrecher-Foul an einem Braunschweiger Spieler nicht einmal mit Gelb geahndet. Man muss nicht einmal Thorsten Lieberknecht sein, um da die Fassung zu verlieren. Und natürlich regte er sich auf und natürlich wurde er auf die Tribüne gesetzt. Dass keiner mehr darüber diskutiert, ob der ganze Ärger vielleicht gerechtfertigt sein könnte, gehört zu den Widrigkeiten der Branche, die auch Christian Streich immer wieder auf die Palme bringen.
In Freiburg war es nun aber so, dass der einschlägig verwarnte Lieberknecht sich dermaßen Zurückhaltung auflegte, dass er vor lauter Contenance fast ganz darauf verzichtete, auf das Spiel einzuwirken. „Ich hatte den Eindruck, eine Grimasse genügt und ich muss wieder auf die Tribüne. Ich werfe mir vor, dass ich zu wenig Rückgrat gezeigt habe.“ Dabei habe er sich doch eigentlich vorgenommen, sich „nicht verbiegen zu lassen.“
Dass die Eintracht nun doch wieder auf die zweite Liga zusteuert, kann neben den fehlenden Energiestößen vom Spielfeldrand aber auch an den Wetterbedingungen gelegen haben, meinte Lieberknecht: „In Braunschweig war’s arschkalt, ihr habt hier wahrscheinlich die ganze Woche bei 25 Grad trainiert.“ So sei es gewesen, antwortet Streich: „Bist du dir denn sicher, dass Braunschweig in Deutschland liegt?“
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