Napuli Langa: Die standhafte Besetzerin
Sie stieg auf den Baum, als alle anderen Flüchtlinge ihr Camp auf dem Berliner Oranienplatz freiwillig räumten. Die Sudanesin war das Gesicht des Protests.
Als die anderen abzogen, ging sie noch einen Schritt weiter. Oder höher: Am Dienstag räumten die protestierenden Flüchtlinge den Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg. Aber die Sudanesin Napuli Langa blieb. Als entgegen der ursprünglichen Abmachung auch das Informationszelt weggeräumt wurde, schnappte sie sich zwei Decken und eine Flasche Wasser und kletterte auf einen Baum. Sie kündigte an, so lange dort oben zu bleiben, bis die Integrationssenatorin kommen würde – oder zu sterben.
Dass sie eine Kämpferin ist, eine, die nicht klein beigibt, das hat die 26-Jährige schon früher gezeigt. Ihren eigenen Angaben zufolge wuchs sie im Sudan als Tochter eines Ministers auf. Aber ihr Vater sei in Konflikt mit der Regierung geraten. 2012 floh sie nach Deutschland. Sie landete im Flüchtlingsheim Braunschweig, schloss sich der Flüchtlingsbewegung an und kam nach Berlin auf den Oranienplatz.
Dort wurde sie, nahezu die einzige Frau auf dem Platz, rasch zum Gesicht des Protestes – redegewandt, entschlossen, immer radikal in ihren Forderungen: Abschaffung der Residenzpflicht und der Flüchtlingsheime, Stopp aller Abschiebungen. Künstler malten ihr Bild auf Häuserwände, Studierende hängten es in der Eingangshalle der Uni auf.
Unumstritten war sie allerdings nie. Sie war die Verantwortliche für die Finanzen auf dem Platz und hatte Zugang zu Spendengeldern in Höhe von 11.000 Euro, die nun verschwunden sind. Die Polizei ermittelt gegen sie, weil sie einen Polizisten gebissen haben soll. Langa hingegen wirft den Beamten vor, sie rassistisch beleidigt und misshandelt zu haben.
Auf dem Oranienplatz selbst war sie nur sporadisch, sie sei viel gereist, habe Politik gemacht, hieß es dort. Ein Teil der Flüchtlinge – mehrheitlich jene, die über die italienische Insel Lampedusa nach Berlin gekommen waren – kritisiert ihre kompromisslose Haltung.
Von dem Baum ist sie schließlich am Samstagabend heruntergekommen – nachdem sie eine Bestätigung erhalten hatte, dass die Flüchtlinge ihr Infozelt wiederaufbauen dürfen. Sie ließ sich ins Krankenhaus bringen. Am Montag will sie wieder auf den Oranienplatz kommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation