IRANS PRÄSIDENT TREIBT SEIN LAND WEITER IN DIE ISOLATION
: Eskalation der Worte

Mahmud Ahmadinedschad ist ein bemerkenswert schlichtes Gemüt. Mit der Unbeirrbarkeit eines Überzeugungstäters hat der iranische Präsident sich nun zum zweiten Mal zum Nahostkonflikt geäußert. Sein Vorschlag, Israel nach Europa, auf deutsches und österreichisches Territorium zu verlegen, hat erwartungsgemäß eine Welle der Empörung ausgelöst. Dass er sich dabei auch noch einer antisemitischen Sprache bediente und den Holocaust in Zweifel zog, hat die Empörung noch gesteigert. Besser hätte Ahmadinedschad sein Land schwerlich weiter in die Isolation treiben können.

Mag sein, dass Irans Präsident lediglich ein Opfer seines simplen Weltbilds ist. Zum Teil spricht er aber auch nur aus, was viele Menschen in der Region empfinden: Dass die Nachsicht, mit der Israel in Europa und den USA rechnen kann, ein Ausdruck des schlechten Gewissens ist, und dass die Palästinenser damit für die antisemitischen Sünden der Europäer büßen müssen. Ahmadinedschad führt diese grobe Vereinfachung konsequent zu Ende: Wenn die Europäer sich wegen des Holocausts schuldig fühlen, dann sollten sie dafür auch die Verantwortung übernehmen.

Hätte Ahmadinedschad seine Gedanken in satirischer Überspitzung geäußert, könnte man sie als billige Polemik abtun. Er hat sie jedoch öffentlich, auf einer Konferenz im saudischen Mekka kundgetan und es steht zu befürchten, dass er sie bitterernst meint. Auf der anderen Seite hat Likud-Kandidat Benjamin Netanjahu bereits mit Präventivschlägen gegen den Iran gedroht. Es ist nicht auszuschließen, dass aus der Eskalation der Worte eine der Waffen erwächst.

Die Palästinenser sind wahrlich nicht zu beneiden: Wer Freunde wie Ahmadinedschad hat, braucht keine Feinde mehr. So wird der Nahostkonflikt nie gelöst werden. Und auch den atompolitischen Hardlinern in seinem Land hat Ahmadinedschad einen schlechten Dienst erwiesen: Ein größeres Geschenk hätte er den Gegnern des iranischen Atomprogramms nicht machen können. Kein Wunder, dass sich auch in Teheran die Kritik am Auftreten des Präsidenten häuft. DANIEL BAX