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Hamburger StadtkuratorinZwischen allen Stühlen

Mit Sophie Goltz beschäftigt Hamburg die bundesweit erste Stadtkuratorin für Kunst im öffentlichen Raum. Ihr erstes echtes Lebenszeichen: ein internationales Symposion.

"Es geht nicht ums Bespielen", sagt Hamburgs Stadtkuratorin Sophie Goltz. "Eher um die Frage: Wie sieht man die Stadt?" Bild: Frank Egel

„Wir wollen keine Revolutionäre sein. Man muss ja nicht immer alles neu machen“: Sophie Goltz präsentiert sich mit leisen Tönen. Dabei soll Hamburgs Stadtkuratorin eigentlich der dortigen Kunstszene neue Impulse geben, so hatte es die Kultursenatorin gesagt. Und als bundesweit erste Stadtkuratorin kann Goltz das Profil dieser Stelle prägen. Große Erwartungen lasten also auf der Kuratorin und Kunstvermittlerin, die zuvor am Neuen Berliner Kunstverein tätig war.

Diesen Posten zu schaffen, war auch Ausdruck des schlechten Gewissens der Hamburger Kulturbehörde: Die hatte den den 1981 mit umgerechnet 500.00 Euro angesetzten Etat für Kunst im öffentlichen Raum2003 halbiert. Jetzt soll es also die Stadtkuratorin richten, was ein Teil der Künstlerszene erneut bemängelt, denn natürlich ist das ja keine basisdemokratische Maßnahme, sondern eine autokratische: Die Kuratorin bestimmt, wer an einem Projekt teilnehmen darf.

Dafür muss diese Kuratorin wissen, was sie will – und das ist in Goltz’ Fall schwer zu fassen. Fest steht, dass sie Angestellte der Behörde ist, zweieinhalb Jahre Zeit hat und ausdrücklich nicht aus dem aktuellen Etat für Kunst im öffentlichen Raum bezahlt wird. So ist sie der verlängerte Arm der Behörde, die erkannt hat, dass sie mit der Entwicklung eines stadtweiten Konzepts überfordert ist.

„Kuratieren, Aktivieren, Vermitteln“: So hat Goltz ihr Programm genannt. Das klingt rigoros und pädagogisch, aber so eine Stadtkuratorin sitzt ja auch zwischen allen Stühlen. Nicht nur, dass sie im Auftrag des Senats den direkten Draht zu den Künstlern aufbauen soll. Sie muss dabei auch Spuren hinterlassen – damit die Behörde sieht, wofür sie ihr Geld ausgibt.

Zum Einstand in Hamburg hat Goltz ein Format gewählt, das auch Politiker verstehen: ein Event namens „Europe, the City is Burning“, ein Symposion, auf dem internationale Kunsttheoretiker und -praktiker auszuleuchten suchen, wohin die Reise gehen soll.

Zunächst soll da die Genese der Kunst im Hamburger öffentlichen Raum beleuchtet werden und an güldene Zeiten erinnern – das ambitionierte „Hamburg Projekt 1989“ etwa, das frische Kunst aus den USA und Europa zeigte. „1989 markiert eine Wendung zu prozessualen, ephemeren und kontextspezifischen Projekten“, sagt Goltz.

Und die Abwendung von der „Drop Sculpture“, einer beziehungslos in den öffentlichen Raum geworfenen Skulptur. Aus dem Jahr 1989 stammt auch der Satz, den sie auf 4.500 Plakate hat drucken lassen: „Wir sind keine Enten auf dem Teich. Wir sind Schiffe auf dem Meer“; er entstammt einer Skulptur, die Lawrence Weiner damals durch Hamburgs Gewässer schwimmen ließ.

Die Bedeutung jener Zeit könne man gut an der Geschichte der Kunstschau documenta ablesen, findet Goltz. „Während 1992 noch sehr verhalten auf die Frage nach der Globalisierung von Kunst geantwortet wurde, sah das 1997 und 2002 schon anders aus.“ Dabei sei Kunst nie rein national gewesen.

Genau das will Goltz in Hamburg thematisieren, weshalb sie von Juni bis Dezember 2014 die „The Silent University“ präsentieren will: den Versuch, das migrantische Wissen zu offenbaren, indem Flüchtlinge, Asylbewerber und Einwanderer sich gegenseitig unterrichten. Ein Projekt, das in London und Paris bereits gut funktionierte. „Am liebsten wäre mir, wenn es sich nach meiner Amtszeit in Hamburg verstetigen würde“, sagt Goltz. Dass sie damit Parallelgesellschaften erzeugt, glaubt sie nicht. „Es wird auch öffentliche Veranstaltungen geben“, sagt sie. Außerdem sei jede Form des Lernens etwas Exklusives.

„Unser Programm wird sich daran messen lassen, wie wir die soziale Schichtung der Stadt wahrnehmen“, hat Goltz einmal gesagt. Auf Aktionen in „Problemstadtteilen“ wie Hamburg-Wilhelmsburg will sie sich aber nicht festlegen lassen. Sie interessiere vielmehr, warum sich das, was dort passiere, „nicht in der touristisch hochpolierten Innenstadt zeigt“.

„Provincializing Hamburg“ heißt ein Podium beim nun anstehenden Symposion. Es will aus globaler Perspektive auf Hamburg blicken und zeigen, welche unbekannten Räume sich so öffnen lassen. Das klingt frisch, nach der Suche nach neuen, spannenden Orten für die physische Kunst – aber Sophie Goltz rudert gleich wieder zurück: Es gehe nicht ums Bespielen, „eher um die Frage: Wie sieht man Hamburg?“

Da gebe es etwa Initiativen, die sich mit dem postkolonialen Raum befassten. „Eine andere Perspektive kann sein, sich mit der Geschichte des Hafens zu befassen, etwa aus Sicht des globalen Handels.“ Freilich: Ein Projekt „Hamburg postkolonial“ existiert seit Jahren, und der Hafen ist das offensichtlichste Insignium der Stadt.

Wenn Goltz dann noch sagt, es gehe um die Wahrnehmung der Stadt, wirkt es beinahe, als habe sie einen Vertrag nicht mit der Hamburger Kulturbehörde, sondern mit der Tourismus GmbH.

Symposion „Europe, the City is Burning“: 23. bis 25. 5., Hamburg, Hochschule für bildende Künste;

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