Fahrrad fahren immer und überall

RADVERKEHRSPLAN Wenigstens etwas häufiger als heute: Das ist – in aller Kürze – der Plan für Deutschland. Doch gerade der, der ihn vorgelegt hat, scheint nicht besonders gewillt zu sein, dafür den Weg frei zu machen

Der Etat für Radverkehr im Bundeshaushalt wird gekürzt, die Kommunen sollen zahlen

VON HELMUT DACHALE

Vor ein paar Monaten hat der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung den neuen Nationalen Radverkehrsplan vorgestellt. Der NRVP gilt für 2013 bis 2020, wagt aber auch schon mal den weiten Blick in die Zukunft: Wenn es gelänge, dies und das in den Griff zu bekommen, „wird sich Deutschland im Jahr 2050 zu Recht als fahrradfreundliches Land bezeichnen können“. Na also, könnte ja klappen mit der Öko-Republik.

Andererseits ist festzustellen: Der aktuelle NRVP präsentiert sich als eine gut aufgemachte Fleißarbeit von rund 80 Seiten, an der anscheinend noch fleißiger als am ersten Vorläufer gearbeitet worden ist. Man erfährt eine Menge über heutige Radverkehrsplanung und -konzeption, über das Technische Regelwerk im Radverkehr oder die Möglichkeit der Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln – liest aber auch viel schwammig Formuliertes. Etwa über das „Potenzial eines aufkommensbezogenen Radverkehrsanteils von 15 Prozent für ganz Deutschland“. Potenzial wohlgemerkt, und um das auszuschöpfen, „bedarf es kontinuierlicher Anstrengungen auf allen Ebenen“. Zum Vergleich: Der Radverkehrsanteil in Holland liegt bei 31 Prozent. Und zwar ganz real.

Erfreulich: Einige konkrete Zahlen deuten daraufhin, dass in städtischen Räumen das Fahrrad häufig die erste Wahl ist, um auf der Kurzstrecke bis zu fünf Kilometern die Nase vorn zu haben. In Städten wie Bocholt, Münster, Oldenburg oder Greifwald boomt der Radverkehr regelrecht, in den beiden letztgenannten liegt sein Anteil mittlerweile jenseits der 40-Prozent-Marke.

Auch der Verkehrsclub Deutschland sieht hierzulande einen „Radler-Boom“, aber gerade deshalb hält er den NRVP „nur für einen halbherzigen Versuch“, dem gerecht zu werden. In einer Erklärung des VCD heißt es: „Zwar erkennt die Bundesregierung die Potenziale das Radverkehrs an, doch fehlt es an verbindlichen Maßnahmen. Das Gegenteil ist der Fall: Der Etat für Radverkehr im Bundeshaushalt wird gekürzt, alle Verantwortung auf die Kommunen abgeschoben.“

Ähnlich bewertet man beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) den NRVP: Ja, er zeige „viele tolle Ideen und Möglichkeiten auf“, das schon. Aber die konkreten Maßnahmen, mit denen man die Ziele erreichen könnte, die vermisst man doch. Und so fordert ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork unter anderem: „Für den Radwegebau an Bundesstraßen müssen 2013 wieder 100 Millionen Euro zur Verfügung stehen.“ Denn bei den Bundesstraßen hat halt der Bund die Straßenbaulast zu tragen, hier ist er auch für die Öko-Seitenstreifen zuständig. Und mit dem kürzlich gefassten Beschluss der Bundesregierung, für die Verkehrsinfrastruktur zusätzlich 750 Millionen Euro lockerzumachen, hätte Verkehrsminister Ramsauer auch das Geld, um die eigentlichen vorgesehenen Kürzungen im Radwegebau ausgleichen zu können, meint Stork.

Käme es dazu, wäre es immerhin als ein kleines Zeichen zu deuten: Der Bundesverkehrsminister ist gewillt, seinem Radverkehrsplan mit all den interessanten Analysen und schönen Bildern ein bisschen fahrradfreundlichere Realpolitik folgen zu lassen.