Energie: Nussbaums neue Flamme
Die Konzession für das Gasnetz soll wieder in Landeshand. Finanzsenator Nußbaum kündigt Preissenkungen an.
Die Rekommunalisierung geht weiter: Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) kündigte am Dienstag an, die Gasnetz-Konzession an das landeseigene Unternehmen Berlin Energie zu vergeben. Die Entscheidung fiel nach objektiven Kriterien, es gab nur zwei Bewerber: Die Gasag, die bisher das Gasnetz betreibt, und Berlin Energie. Die Konzession gilt für bis zu 20 Jahre, danach wird neu ausgeschrieben.
Das Land Berlin hatte in den neunziger Jahren die damals landeseigene Gasag inklusive Gasnetz verkauft. Eigentümer sind nun Vattenfall, Eon und Gas de France. Sobald das Gasnetz wieder an das Land Berlin geht, ist die Gasag nur noch ein Gashändler ohne eigenes Netz. Für Berlin ist es ein weiterer Schritt der Rekommunalisierung, nachdem der Senat zuletzt die Wasserbetriebe zurückgekauft hatte.
Das Gasag-Angebot für die Konzession wurde mit 299 Punkten von 315 möglichen bewertet, das Angebot von Berlin Energie mit 311 Punkten. Den Ausschlag gaben etwa die Regelungen zur Weitergabe der Konzession. Nußbaum verlangte, dass Berlin ein Sonderkündigungsrecht hat, wenn der Betreiber die Gasnetz-Konzession weiterverkaufen will. Die Gasag war zu einer solchen Verpflichtung „nur eingeschränkt bereit“, so Nußbaum. Das war einer der Gründe für das landeseigene Unternehmen. „Berlin Energie stellt auch einen preisgünstigeren Netzbetrieb in Aussicht“, so Nußbaum. Den Wert des Gasnetzes schätzt er auf rund eine Milliarde Euro, die das Land der Gasag zahlen muss. Das Abgeordnetenhaus kann die Entscheidung noch stoppen – dann geht das Netz doch an die Gasag.
Nußbaum stellte für den Fall, dass alles klappt, niedrigere Preise in Aussicht: Die Kosten für einen neuen Hausanschluss könnten von 1.000 Euro auf 800 Euro sinken. Er sprach von Synergieeffekten, etwa weil die Gasleitungen oft direkt neben den Rohren der ebenfalls landeseigenen Wasserbetriebe verlegt sind.
Energietisch-Sprecher Stefan Taschner erklärte in einer Mitteilung: „Wir freuen uns sehr über diese Entscheidung. Gas ist wie Strom Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und gehört deshalb in die öffentliche Hand. Wir erwarten nun, dass als nächstes auch die Stromnetze rekommunalisiert werden.“
Die Grünen-Politikerin Ramona Pop warf Senator Nußbaum vor, die Verschuldung Berlins um eine weitere Milliarde in die Höhe zu treiben. Rot-Schwarz gefährde die Zukunft der Gasag und riskiere einen jahrelangen Rechtsstreit zulasten der Kunden. Der energiepolitische Nutzen für Berlin sei unklar.
Auch der energiepolitische Sprecher der Linken, Harald Wolf, erklärte: „Ohne Netzbetrieb ist die Gasag energiepolitisch wertlos und als Unternehmen für die Energiewende in der Stadt verloren, denn es fehlen ihr die Gewinne aus dem Netzbetrieb für entsprechende Investitionen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!