Rassismus-Vorwürfe gegen Taylor Swift: Eine Frage der Interpretation
Die US-Sängerin Taylor Swift hat ein Video zu ihrem neuen Song „Shake it Off“ veröffentlicht. Die Darstellung verschiedener Stereotype erntet Kritik.
Anfang der Woche veröffentlichte die amerikanische Popsängerin Taylor Swift ein Video zu ihrer neuen Single „Shake it Off“ aus dem für Oktober angekündigten Album „1989“. Wenige Stunden später begannen Twitternutzer zu posten, das Video sei rassistisch.
Der Clip lebt von der Gegenüberstellung verschiedener Stereotype: Balletttänzerinnen, eine Ausdruckstanzgruppe, und Breakdancer mit Boombox werden durch überspitzte, klischeehafte Merkmale klar voneinander abgesetzt. Dazu kommen Robo-Dancer und twerkende Frauen, die dem Tanzstil gemäß dynamisch mit dem Hintern wackeln.
Das Video zeigt, wie Swift sich eher unbeholfen in all diesen Tanzarten versucht. Die Empörten auf Twitter beziehen sich vor allem darauf, dass alle Balletttänzerinnen weiß sind, die Mehrheit der twerkenden Frauen, von denen vor allem der Hintern gezeigt wird, hingegen schwarz. Viele äußern sich zudem erbost über die unreflektierte Aneignung von Elementen schwarzer Kultur.
„Ich denke kulturelle Aneignung ist eine weitere Sache die Taylor Swift wird abschütteln müssen“ twitterte beispielsweise der Nutzer „//twitter.com/aklingus:AK Lingus“ gestern. Allein der Titel hatte den Rapper //twitter.com/earlxsweat:Earl Sweatshirt zu der Äußerung bewegt: „Habe das Taylor Swift Video nicht gesehen und muss es nicht sehen um euch zu sagen dass es ein grundsätzlicher Angriff und schlussendlich schädlich ist“.
„Nimm den ersten Flug nach Ferguson“
Auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung wurde indirekt kritisiert: „'Schwarze Kultur' ist cool, bis sie es nicht mehr ist. @taylorswift13 will eine Boom Box tragen? Cool. Nimm den ersten Flug nach #Ferguson.“ schrieb Nutzer „My Name Is My Name“ am Montag.
Man könnte in das Video hineininterpretieren, dass die Sängerin sich mit keinem der Klischees identifiziert und über jeden der Tanzstile, von denen sie selbst keinen beherrscht, lustig macht und damit den Rassismusvorwurf entkräften. Ebenso gut kann man aber ganz subjektiv empfinden, die Darstellungen seien nicht überspitzt genug, um die Satire deutlich zu machen.
Es bleibt eine Interpretationsfrage. Ironischer Weise geht es im Text des Stückes darum, Nachrede und Lästereien abzuschütteln. Die Textzeile „Haters gonna hate, hate, hate, hate, hate“ ist ein beliebter Twitter-Konter ihrer Fans gegen die Vorwürfe geworden. Ein wirklicher Dialog entsteht im Rahmen des Kurznachrichtendiensts nicht. Dabei scheint ein Dialog durchaus notwendig.
Video von Lily Allen
Das Thema der kulturellen Aneignung und möglicher rassistischer Darstellungen in der Popkultur taucht insbesondere in den neuen Medien immer wieder auf. Im vergangenen Jahr sorgte das Video der britischen Popsängerin Lily Allen zu „Hard Out Here“ für Rassismusvorwürfe.
Auslöser waren Bilder von schwarzen Tänzerinnen, die kaum bekleidet waren und sich mit Champagner begossen. Laut Aussage der Künstlerin sollte das Video sich kritisch mit der „Objektivierung von Frauen in der modernen Popkultur“ auseinandersetzen. Dass Swift die Absicht hatte, rassistisch zu sein oder die dargestellten Gruppen als solche zu bewerten, ist nicht wirklich zu erwarten. Bislang äußerte sie sich nicht zu den Vorwürfen, sondern dankte lediglich ihren Fans //twitter.com/taylorswift13:per Twitter für das Lob.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen