Mächtige Obrigkeit

Innensenator Röwekamp präsentiert „Sicherheitspaket“, das Polizei und Verfassungsschutz mehr Befugnisse gibt. Kritik vom Datenschützer

bremen taz ■ In seiner Lieblingsrolle als Durchgreifer präsentierte sich gestern Innensenator Thomas Röwekamp (CDU), als er das just vom Senat beschlossene „Sicherheitspaket“ im Stakkato herunterzitierte: Der Verfassungsschutz bekommt mehr Zugriff auf Daten, der Lauschangriff wird gesetzlich festgeschrieben, mit einem „automatischen Kennzeichen-Lesesystem“ sollen künftig gesuchte Fahrzeuge bei Kontrollen aufgespürt werden, die Videoüberwachung am Bahnhof ist ein Erfolg – und die Trinker unter den Rathausarkaden dürfen nun per Platzverweis verscheucht werden, um, so Röwekamp, „Bremen auch so zu präsentieren, wie es tatsächlich ist“.

Dieses Thema war bereits im Mai hochgekocht – eine Woche, nachdem ein Obdachloser dem damaligen Wirtschaftssenator Gloystein und dessen Sektflasche ungünstig in die Quere kam. „Ein unschöner Anblick allein reicht für ein Einschreiten der Polizei nicht aus“, mit dieser Forderung wurde damals der Innenexperte der SPD, Hermann Kleen, zitiert. Nun kann die Polizei gegen „dauerhaftes Lagern auf öffentlichem Grund in Verbindung mit extensivem Alkoholgenuss“ mit Platzverweis vorgehen, falls die „Nutzung durch andere unzumutbar“ beeinträchtigt werde. Das klingt biegsam. „Der CDU ist es gelungen, Verständnis dafür zu wecken, dass wir eine Norm brauchen, die der Polizei ein Einschreiten erlaubt“, bevor es zu Pöbelei, Pissen oder mehr komme, erklärte Kleen gestern. Er betonte: „Das ist keine Eingriffsbefugnis gegen Obdachlose.“ Polizeiliche Willkür nicht zu dulden, sei auch Sache aufmerksamer Bürger.

Was weitere Befugnisse des „Sicherheitspakets“ angeht, das nun vom Parlament beschlossen werden muss, so versprach gestern der Innensenator, sie entsprächen den „Anforderungen des Datenschutzes“. Dazu sagt Bremens Datenschutzbeauftragter Sven Holst: „Nicht ganz.“ Zwar sei es ihm im Vorfeld gelungen, in einigen Punkten den Datenschutz zu stärken, in anderen aber nicht. So sei beim Lauschangriff die so genannte „Kernbereichsgarantie, was die persönliche Lebensgestaltung anbelangt, aus meiner Sicht nicht hinreichend geschützt“, so Holst: Der Kernbereich der Privatsphäre ist laut Bundesverfassungsgericht gänzlich zu schützen, wenn es da hineingeht, müssen Lauscher abschalten. Dieser Zwang zum Abschalten aber fehle im Gesetz – noch. Holst: „Da muss nachgebessert werden.“ Auch der nun gesetzlich festzulegende Zugriff des Verfassungsschutzes auf Daten von Banken, Fluggesellschaft, Post oder TK-Unternehmen sei aus Sicht des Datenschutzes zu verbessern, so Holst.

Schließlich soll mit dem Gesetzespaket der Polizei erlaubt werden, Spezialkräfte und Sondereinheiten mit so genannten Tasern auszurüsten, Elektroschock-Waffen, mit denen Täter schmerzlos handlungsunfähig gemacht werden – die bisher für ungefährlich gehaltene Waffe könne jedoch nicht als sicher gelten, erklärten jetzt Wissenschaftler in den USA, in denen Taser gang und gäbe sind. Diese Diskussion kenne man, so Röwekamps Sprecher Markus Beyer gestern, aber „hier geht es darum, im Zweifel den Schusswaffeneinsatz zu vermeiden“. sgi