Letzter Ausweg vor der Abschiebung

Bremen bekommt die lange geforderte Härtefallkommission, die für ein Bleiberecht von Asylsuchenden votieren kann. Doch anders als von Kirche und den Grünen gewünscht, sind Flüchtlingsorganisationen nicht darin vorgesehen

„Wen ihr hier behalten wollt, den müsst ihr auch versorgen“

Bremen taz ■ Als vorletztes Bundesland hat Bremen die – schon lange geforderte – Einrichtung einer Härtefallkommission beschlossen, die im Einzelfall das Bleiberecht für ausreisepflichtige ausländische Staatsangehörige prüft. Die Kommission unter dem Vorsitz eines Vertreters des Innensenators hat lediglich eine beratende Funktion, die Entscheidung liegt beim Innensenator. Der Kommission werden außerdem ein Vertreter der Sozialsenatorin, ein Bremerhavener Magistratsvertreter sowie insgesamt drei Abgesandte der Kirchen und der freien Wohlfahrtsträger angehören.

Ein Vertreter der Flüchtlingsorganisationen, deren Einbeziehung die Kirchen und die Grünen gefordert hatten, wird laut gestrigem Senatsbeschluss nicht dabei sein. „Bremen hat von allen Bundesländern die kleinste Kommission. Wir erhoffen uns davon eine effektive Arbeit“, sagte Innensenator Thomas Röwekamp (CDU). Im Einzelfall können Experten der Migrantenorganisationen als Berater hinzugezogen werden.

Nach Informationen von Matthias Güldner, dem innenpolitischen Sprecher der Grünen, und der Bremischen Evangelischen Kirche hat Sozialsenatorin Karin Röpke den Beschluss bislang aufgehalten. Der Entwurf hatte für ihre Behörde ein Veto-Recht gegen den Kommissions-Entscheid vorgesehen, wenn die betreffende Person EmpfängerIn von Sozialleistungen ist. Offenbar wollte die Senatorin vermeiden, im Fall einer positiven Entscheidung zur Übernahme der Lebenshaltungskosten verpflichtet zu werden. Im Senatsbeschluss ist eine solche Veto-Regelung nicht mehr vorgesehen.

„Die Kommission wird die Stellungnahme der Sozialbehörde berücksichtigen“, formulierte Röwekamp. Heidrun Ide, Sprecherin von Röpke, wollte sich nicht dazu äußern. „Wir begrüßen die Einrichtung der Härtefallkommission“, hieß es lapidar aus dem Sozialressort.

Als „Härtefallkommission light“ kritisierte der grüne Innen-Experte Güldner den Senatsbeschluss. Was die Kooperation von Verbänden und Behörden angeht, sieht er Bremen im Bundesvergleich als Schlusslicht: „In den Länderkommissionen, in denen schon seit Jahren Behördenvertreter neben Flüchtlingsorganisationen sitzen, hat sich ein Vertrauensverhältnis entwickelt. Auch die Vertreter der Innenminister schätzen die Mitarbeit von Praxis-Experten.“ Dass in der mit drei Behörden- und drei Kirchen- beziehungsweise Verbandsvertretern paritätisch besetzten Kommission mit Zwei-Drittel-Mehrheit entschieden wird, wertet er als Zeichen des Misstrauens gegenüber den Kirchen.

Horst Janus, theologischer Referent der Bremischen Evangelischen Kirche, kritisierte im Vorfeld des Beschlusses die Option einer „Verpflichtungserklärung“. Danach soll, wenn der betreffende Migrant nicht selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen kann, ein Dritter, etwa ein Verband oder eine Kirche, die Verpflichtung übernehmen, für ihn zu sorgen – gegebenenfalls auch im Krankheitsfall. „Man muss humanitäre Erwägungen von finanziellen trennen“, sagte Janus. Mit der Argumentation „Wen ihr hier behalten wollt, den müsst ihr auch versorgen“ entziehe sich das Land seinen Verpflichtungen. Auch Güldner kritisierte den Paragraphen als „finanzielle Erpressung“. Annedore Beelte