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Mögliche Streiks bei der BahnEs geht nicht nur um mehr Geld

Die Lokführergewerkschaft GDL droht mit einem unbefristeten Ausstand. Sie will auch das umstrittene Gesetz zur Tarifeinheit verhindern.

Nur Geduld: Das große Tariftheater beginnt in Kürze Bild: dpa

BERLIN taz | Für die Kunden der Deutschen Bahn brechen harte Zeiten an; die Lokführergewerkschaft GDL droht im Tarifkonflikt mit dem Unternehmen massive Streiks an. 91 Prozent der Lokführer stimmten in einer Urabstimmung für Streik, der aber bis einschließlich Sonntag noch nicht stattfindet.

Bei dem Konflikt geht es nicht nur um mehr Geld und kürzere Arbeitszeiten – die GDL will vor allem ihre Zuständigkeit auf weitere Berufsgruppen im Bahnkonzern ausweiten, zum Beispiel auf Zugbegleiter und Speisewagenmitarbeiter.

Diese Beschäftigtengruppen werden bislang von der Eisenbahnergewerkschaft EVG vertreten, die dem DGB angehört. Die Spartengewerkschaft GDL ist wiederum Mitglied im Beamtenbund. Die GDL wirft der Bahn und auch der Lufthansa vor, Arbeitskämpfe zu provozieren, um eine gesetztlich Regelung zur Tarifeinheit zu provozieren. Demnach könnte künftig der Grundsatz gelten, dass in einem Betrieb nur ein Tarifvertrag gilt, den die größte im Betrieb vertretene Gewerkschaft abschließt – ein Ausscheren von Spartengewerkschaften wie der GDL oder der Pilotengewerkschaft wäre nicht mehr möglich. Kein Wunder, dass die GDL bei der Bahn vorher ihre Pflöcke einrammen will.

Zudem kündigte sie an, ein Gesetz zur Tarifeinheit juristisch anzugreifen – wenn nötig bis zum Bundesverfassungsgericht. Ein Gesetz, das die Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer verhindere, sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Die Bahn hatte ihr letztes Angebot am Mittwochabend unterbreitet. Damit wolle sie „die Tarifverhandlungen mit der GDL auf eine andere Basis“ stellen. Der Konzern will die Verhandlungen solange aussetzen, bis die von der Koalition geplante gesetzliche Grundlage zur Tarifeinheit „klar ist“. Bis dahin sollen die Lokführer zwei Prozent mehr Lohn bekommen.

Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, eine neue gesetzliche Regelung zur Tarifeinheit zu finden. Ein erstes Eckpunktepapier wurde im Sommer verworfen - wann ein Entwurf ins Bundeskabinett kommt, ist unklar.

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8 Kommentare

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  • ich denke, die meisten defenieren Streik falsch-mein Vater Jahrgang 1902 war Gewerkschaftler und hat manchen Streik mitgemacht, schade dass man das STREIK heute missbraucht, für Machtspielchen zwischen einzelnen Gruppen, der Beschäftigte ist da nur ein Bauer auf dem Schachbrett, beliebig zu verschieben , der König bleibt immer gut gedeckt!

  • Ich dachte, es hätte ganz abgesehen von Gewerkschaftszugehörigkeiten auch damit zu tun, dass (zumindest in einigen Ländern) eine Berufsgruppe nicht für die andere streiken darf - also z.B. Kontrolleure nicht für Lokführergehälter oder Piloten nicht für Flugbegleitergehälter.

    Im Moment sieht es doch so aus, dass diejenigen mit Streikmacht und relativ guten bis exorbitanten Gehältern und Pensionen (Lokführer, Ärzte, Piloten) sich immer mehr Pfründe erstreiten, oder sich wie hier die Gewerkschaften untereinander kloppen, während alle anderen auf prekäre Fristverträge abgewickelt werden und dank Bahnstreiks nicht mal mehr zu ihren prekären Jobs kommen. Ihr Einsatz für linkes Streikrecht in allen Ehren, aber so dann doch lieber nicht....

    • @kami:

      (Das war eine Antwort an @Age Krüger eins weiter unten.)

  • In Brüssel durfte ich mal einen phantastischen Streik der ÖPNV erleben: Die haben einfach alle gratis fahren lassen, ohne Tickets zu verkaufen oder zu kontrollieren. -> Selber Druck nach oben, aber ohne dafür allen Mitbürgern das Leben schwer zu machen oder Pendlern den Job zu gefährden!

     

    Kennt sich hier jemand genauer mit deutschem Streikrecht aus? ginge sowas nicht auch bei unserer DB?

    • @kami:

      Nee, aber das hat nix mit dem Streikrecht zu tun. Es geht ja bei dem Streik nur um den Tarifvertrag für die Lokführer. Die Zugbegleiter sind, wie in dem Artikel steht, beim DGB organisiert. Und die Deutsche Bahn versucht zu verhindern, dass die Zugbegleiter sich auch bei der GDL, der durchsetzungsfähigeren Gewerkschaft der Lokführer, auch organisieren. D.h., die Schaffner dürfen jetzt gar nicht streiken, weil es nicht um deren Tarifvertrag geht.

       

      Und hinzu kommt noch, dass die Bahn massenweise private Kontrolleurdienste laufen hat. Es wäre also ein leichtes für die, sollten die Schaffner mal streiken, diese dann durch private Kontrolleure zu ersetzen.

  • man schlägt den Esel und meint den Herren-find ich sehr schön-auf dem Rücken Millioner Menschen wird ein sinnloser Machtkampf einiger Funktionäre ausgetragen und das Mitgliedsvolk macht begeistert mit, wieder werden wohlgenährte Damen und Herren mit Trilerpfeifen udn fröhlcihen Gesichtern und roten Fahnen vor den Bahnhöfen spazieren gehen, während sich das Berufs/Schulvolk am Bahnsteig den A.... abfriert!

    • @Georg Schmidt:

      Ich denke schon, dass da die richtigen sich den Arsch abfrieren,

      Es werden in der BRD meistens mit an die 90% Parteien gewählt, die sich für die Liberalisierung der Märkte, so auch des Eisenbahnmarktes aussprechen,

      Wäre es noch eine BUNDESBAHN mit Beamten, gäbe es keine Streiks.

       

      Die 10%, die das schon länger durchschaut haben, haben wahrscheinlich auch die Cleverness, sich entsprechende Transportmöglichkeiten bei Streik zu organisieren.

    • @Georg Schmidt:

      So sehr Sie sich auch ärgern und wie nachvollziehbar Ihr Ärger auch ist, fände ich es leichtfertig das Streikrecht auf dieser Basis auszuhöhlen. Die Bahn bzw. die Lufthansa müssen andere Wege suchen, den Einfluss der GDL bzw. der Pilotengewerkschaft einzuschränken. Gelänge es beispielsweise der DGB-Gewerkschaft genügend Lokführer zu sich zu holen, wäre der GDL-Streik ihrer Effektivität beraubt.