piwik no script img

Spanischer FußballverbandKeine Gnade für die Großkopferten

Wegen falscher Papiere wird sogar Zidane von Real Madrid für drei Monate als Trainer gesperrt. Die Zeit der Nachsicht mit Fußballgrößen ist vorbei.

Zinédine Zidane als „Sans Papier“ am Spielfeldrand Bild: imago/Marca

MADRID taz | Seine vorerst letzte Arbeitsschicht verrichtete Zinédine Zidane an einem Feiertag seines Klubs. Rund um das Estadio Alfredo Di Stéfano vor den Toren Madrids herrschte am Sonntag die pure Glückseligkeit, nachdem Erzrivale Barcelona am Vorabend nicht nur bezwungen, sondern endlich mal wieder ausgespielt worden war. Auch Florentino Pérez, der Präsident, hatte sich die Ehre gegeben zum Drittligaspiel der zweiten Mannschaft gegen die SD Huesca und konnte nicht anders, als zu strahlen, den Daumen zu heben und einzuschlagen mit jedem, der ihm nur des Weges kam.

Anlass seines Besuches war allerdings nicht nur das Bad in der Menge der 2.400 Zuschauer, sondern auch die symbolische Unterstützung des Mannes unten am Spielfeldrand. Schwarzer Anzug, weißes Hemd, Krawatte, Lederschuhe, die Glatze perfekt rasiert – elegant wie eh und je: es war unbestritten Zidane, der da in die Hände klatschte und impulsiv seine Spieler antrieb.

Ein Problem, denn der 42-jährige Franzose hat bestimmt vieles, was einen guten Trainer auszeichnet, nur eines nicht: die nötigen Papiere. Wegen fehlender Lizenz für Spaniens obere drei Ligen sperrte ihn ein Einzelrichter des Fußballverbandes RFEF am Montagabend mit sofortiger Wirkung für drei Monate – wie auch seinen Assistenten Santiago Sánchez. Der ist im Besitz des Trainerscheins und fungierte offiziell als Strohmann für Zidane.

Ansonsten aber machte Real auch nach der Anzeige der Praxis durch das nationale Ausbildungszentrum für Fußballlehrer gar nicht erst den Versuch der Vertuschung der wahren Verhältnisse. Zum einen soll dem Klub eine Sondergenehmigung des französischen Verbandes für den in der Ausbildung befindlichen Zidane vorliegen – auf dieser Basis will es den Verbandsentscheid nun anfechten. Vor allem aber vertraute man in Pérez’ Reich wohl darauf, dass am Ende doch niemand wagen würde sich mit Real und „Zizou“ anzulegen.

Der Fußball durfte alles

Laissez-faire war schließlich immer der Standard gewesen im Umgang mit den Großkopferten. 2011 etwa nach dem Fingerbohrer von Real-Trainer José Mourinho ins Auge von Barça-Assistent Tito Vilanova im spanischen Supercup-Finale: eine läppische Sperre für zwei Supercup-Spiele – die im Übrigen rechtzeitig vor der nächsten Austragung des Wettbewerbs aufgehoben wurde. Derlei Milde fügte sich in das Image, das sich Spaniens Sport durch dubiose Subventionen für Fußballklubs, Nachsicht bei Schulden und Steuervergehen oder halbherzige Dopingverfolgung erworben hatte: Wer Einfluss hat und für Spektakel sorgt, darf sich alles erlauben.

Noch weitgehend unbemerkt vom Ausland hat sich diese Mentalität indes gewandelt. Die Wirtschaftskrise ließ nicht nur die Toleranz für Korruption sinken, wie am selben Montag die Festnahme von 51 Politikern und Unternehmern in der „Operación Púnica“ verdeutlichte.

Auch im Fußball herrschen strengere Sitten. Die Liga hat ein Lizenzierungsverfahren verabschiedet, das zum Zwangsabstieg des Zweitligisten Murcia führte. Zudem werden den Klubs je nach ihrer Finanzlage Gehaltsobergrenzen auferlegt: Erstligist Getafe erhielt wegen ihrer Überschreitung keine Spielerlaubnis für den teuersten Kicker, Pedro León. Nach dem diesjährigen Supercup-Finale wurde Meistertrainer Diego Simeone von Atlético Madrid wegen eines Tête-à-Tête mit dem vierten Schiedsrichter vier Ligaspiele gesperrt.

Auch vor Gericht sorgen Tore nicht mehr für Immunität. Sevillas Expräsident José María del Nido wanderte voriges Jahr trotz Gnadengesuchs seiner Ligakollegen wegen Korruption in einer Nebentätigkeit für siebeneinhalb Jahre ins Gefängnis. Nach wie vor untersuchen Staatsanwälte die Umstände des Neymar-Transfers zum FC Barcelona. Lionel Messi wird entgegen allgemeiner Erwartung in der Steueraffäre um seine Familiengeschäfte auch persönlich zur Rechenschaft gezogen. Und Polizisten vor Barcelonas Casino zeigten sich vor ein paar Wochen wenig beeindruckt, als Barça-Star Gerard Piqué sein Parken auf der Taxispur mit der klassischen Promi-Drohung zu kaschieren versuchte: Wisst ihr eigentlich, mit wem ihr es hier zu tun habt?

Ähnlich liest sich auch die Indignation von Zidane darüber, dass für ihn keine eigenen Trainergesetze gelten sollen. Gegenüber Le Figaro bemühte er in seiner französischen Heimat die typische Begründung: „Überall gibt es Neider.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!