Phänomen Frauenfrage

Ein Defizit in der Wissenschaft: Wer untersucht endlich die weibliche SMS?

Explodierende Gehirne sind ein Phänomen, das schon in der Antike weitverbreitet war

Die geschlechtsspezifische Linguistik, die es selbstverständlich gibt und die es als solche und insbesondere als feministische Sprachwissenschaft auch tatsächlich geben muss, beschäftigt sich unter anderem mit dem „geschlechtergerechten Sprachgebrauch“ (Margot Brunner), der „Frau im deutschen Lexikon“ (Ingeborg Breiner), „feministischer Epistemologie“ (Mona Singer) und „linguistischer Geschlechterforschung“ (Gisela Schoenthal). Dass sie sich noch immer nicht der Frage zugewandt hat, warum Frauen so beseelt und ausdauernd SMS schreiben oder, ganz simpel gesprochen, durch die Gegend simsen, während die ange- oder besimsten und manchmal dergestalt becircten Herren lieber banal und faul die Stimme erheben und treu-teurer zurücktelefonieren – darüber wollen wir heute einmal hinwegsehen.

Um den Gaul andersherum aufzuzäumen: Wenn man gerade versucht, mit dem Kettenrauchen aufzuhören, das, trügt die altmodische Alltagsbeobachtung nicht, ja eher ein männliches, womöglich ein patriarchales Verhaltensmuster ist und demzufolge nicht bloß aus den aktuellsten gesundheitspolitischen Warnerwägungen dringend abgeschafft und im Grunde erschossen gehört, damit es das ein für alle Mal nicht mehr gibt und nicht mehr geben muss, dann – gerät man spielend leicht und ungewollt, weil einen der Nikotinzwacker am inneren Genick packt und derart verwirbelt und hin und her zwirbelt, dass einem Geist und Gedanken vergehen und man malle, plemplem, doof und stulle zu werden meint, in eine Art psychomotorische Krise, in ein Stadium der mentalen Desintegration.

In solcher schweren Not tippt man nun wahrlich mal: eine SMS, gerichtet an eine das Herz erfreuende Schönheit.

Und zwar des halbwegs rüstigen und knappen Inhalts: „Kennst du eine Maßnahme gegen explodierende Gehirne?“

Zwei Minuten später trifft folgende Antwort ein: „Explodierende Gehirne sind ein Phänomen, das schon in der Antike weitverbreitet war.

Die alten Griechen haben um den Betroffenen herum Körbchen aufgestellt, damit die Sauerei nicht zu groß wurde, die Römer griffen zur elektronisch verstärkten Laute, um die verteilten Hirnteile in Schwingungen zu versetzen, auf dass sie sich im ekstatischen Tanze wieder zusammenfügen sollten. Die Mönche aßen zwei Frühstückseier und tranken zwei Fässer heißes Wasser. Die Expressionisten beschrifteten die einzelnen Teile und lasen daraus die Zukunft der gesamten Nation, und die schlesischen Bauersfrauen schlugen die Hände über dem Kopf zusammen und ließen die Milch sauer werden (die Erfindung des Quarks).

Mehr weiß man nicht. Medizinisch ist das Phänomen heute noch total unerforscht, da alle bislang involvierten Forscher begannen, sich für Kasimir Weitzhöppel zu halten (bis heute weiß niemand, wer das ist!).“

Dass diese „Kurzmitteilung“ wegen Überlänge zweigeteilt war, wissen erprobte SMSler. Dass die Zweiteilung, die Zweiheit aller Dinge infolge von Platons Erzählung über die Entstehung des Menschen irgendwie ja Garant für das herrliche, das aufregende Verhältnis zwischen den Geschlechtern ist, ist auch in der Sprachwissenschaft seit Wilhelm von Humboldts Arbeiten über den „Dualis“ bekannt.

Doch das dürfte der feministischen Linguistik weiterhin genauso egal sein wie die Frage, warum die Damen einen derart fabelhaften Kram in nur wenigen Augenblicken daherzudichten und die Herren dergleichen nie und nimmer werden vermögen.

Aber geschlechtergerechter Sprachgebrauch ist sicher auch eine feine Sache. JÜRGEN ROTH