Ostafrikas Oase des Friedens wechselt Chef

Bei den Wahlen in Tansania dürfte heute die seit der Unabhängigkeit herrschende Regierungspartei gewinnen,aber unter neuer Führung. Der bisherige Präsident Mkapa tritt nicht mehr an. Designierter Nachfolger: ein Exmilitär

BERLIN/DARESSALAM taz ■ Es ist selten geworden, dass ein gewählter afrikanischer Präsident sich nach dem Ablauf seiner verfassungsmäßig erlaubten Anzahl von Amtszeiten nicht trotzdem erneut zur Wahl stellt, nach einer entsprechenden Verfassungsänderung. In Guinea, Tschad, demnächst Uganda und vielleicht Nigeria sind die Herrscher jüngst dieser Versuchung des Machtverbleibs erlegen. Das kleine Lager derer, die nicht um jeden Preis am Präsidentensessel kleben, wird nun aber um einen Politiker reicher: Benjamin Mkapa, seit 1995 Präsident von Tansania, tritt bei der morgigen Wahl nicht mehr an.

Mkapas Partei CCM (Revolutionspartei) dürfte dennoch gewinnen. Die einst sozialistische Einheitspartei des Unabhängigkeitsführers Julius Nyerere regiert Tansania, seit das Land 1964 aus der Vereinigung von Tanganjika mit dem Inselstaat Sansibar hervorging. Zum Wahlkampf 2005 ist die Hauptstadt Daressalam noch grüner als sonst. Zwischen den vielen Bäumen wehen jetzt viele grüne CCM-Fahnen, und CCM-Präsidentschaftskandidat Jakaya Kikwete schaut das Wahlvolk von unzähligen grünen CCM-Plakaten an.

Tansania mit 35 Millionen Einwohnern ist seit 1995 ein Mehrparteienstaat und eines der stabilsten Länder Afrikas. Der größte Teil der Bevölkerung zumindest auf dem tanganjikischen Festland ist der CCM treu geblieben. „Die Menschen sind es so gewohnt; die CCM hat immer für alles gesorgt“, sagt Politikprofessor Rwekaza Mukandala. „Seit der Unabhängigkeit hat in Tansania immer Frieden geherrscht, und das wird der CCM gutgeschrieben. Der erste Präsident Julius Nyerere schmiedete die Bevölkerung zu einer Einheit, anders als in vielen anderen afrikanischen Ländern, wo Tribalismus herrscht. Außerdem bietet die Opposition keine ernsthafte Alternative. Bei den ersten Mehrparteienwahlen 1995 haben noch 40 Prozent der Bevölkerung die Opposition gewählt. 2000 waren es keine 30 Prozent. Die Oppositionsparteien streiten sich immer.“

Eigentlich hätten die Wahlen in Tansania bereits am 30. Oktober stattfinden sollen, aber wegen des plötzlichen Todes eines Oppositionskandidaten zur Präsidentschaft wurde der Urnengang verschoben – außer die Parlamentswahl auf Sansibar. In diesem ehemaligen arabischen Sultanat genießt die CCM keine automatische Mehrheit, und nachdem sie bereits die letzten beiden Wahlen nur mit Manipulation gewann, kam es auch diesmal zu massiven Unruhen und Betrugsvorwürfen. Auf dem Festland aber ist der Wahlkampf jetzt friedlich verlaufen.

Jüngsten Prognosen zufolge könnte die Opposition diesmal besser abschneiden als sonst. Finanziell von den britischen Konservativen unterstützt, hat vor allem die kleine Oppositionspartei „Chadema“ unter Freeman Mbowe gegen die Dominanz internationaler Geber und ausländischer Investoren in Tansanias Wirtschaft Stimmung gemacht.

Dass die CCM als Staatspartei gilt, ist dennoch tief im Bewusstsein der Tansanier verwurzelt und dürfte eine massive Wählerwanderung zur Opposition unwahrscheinlich machen. „Wenn ein Dorf einen Verwalter aus der Opposition wählt, geht die Entwicklung dort langsamer als in Dörfern, die CCM wählen“, sagt Pfarrer Ernst Kadiva in Daressalam. „Ich sage nicht, dass das die Absicht der Behörden ist, aber gute Beziehungen zur Regierung zu pflegen ist für Behördenvertreter, die zur Opposition gehören, schwieriger.“

CCM-Präsidentschaftskandidat Kikwete, ein Ex-Armeeoffizier, blieb zum Wahlkampfabschluss zufrieden. „Wenn ich gewinne, werde ich natürlich glücklich sein“, sagte er in einem Interview mit dem tansanischen Sunday Observer. „Aber meine größte Freude wäre, wenn die Tansanier am Ende meiner Amtszeit glücklicher sind als am Anfang.“ Eine elegante Art, sich von seinem Vorgänger zu distanzieren. DOMINIC JOHNSON

ILONA EVELEENS