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LESUNGKatalysator der Aufarbeitung

Zwanzig Jahre nach dem großen Erfolg seines Debütromans „Gebürtig“ über die Nachwirkung der Shoah auf die Generation der Kinder von Opfern, Tätern und Mitläufern hat der österreichische Schriftsteller Robert Schindel seinen zweiten Roman veröffentlicht. Auch „Der Kalte“ (Suhrkamp, 665 S, 24,95 Euro) hat die Aufarbeitung der Shoah zum Inhalt, Protagonist ist der Spanienveteran und Auschwitzüberlebende Edmund Fraul, der das erlittene Grauen so fest in seiner Seele verschlossen hält, dass er auch als Zeitzeuge vor Schulklassen nurmehr emotionslos erscheint. Um den „Kalten“ herum spinnt Schindel ein Netz von Episoden und Figuren und zeichnet ein Panorama der Wiener Gesellschaft der „Waldheimjahre“. Wie ein Katalysator wirkte die Debatte um die Verwicklung des Bundespräsidenten Kurt Waldheim in Kriegsverbrechen zur Zeit des Nationalsozialismus, in deren Folge auch der Skandal um Thomas Bernhards „Heldenplatz“ und die Auseinandersetzung um Alfred Hrdlickas Mahnmal gegen Krieg und Faschismus stehen. Ein knapp 700 Seiten starkes literarisches Monument, das nicht nur ein komplexes Psychogramm eines Zeitzeugen entwirft, sondern rund um reale Personen der damaligen Künstler- und Intellektuellenszene der Kaffeehäuser allerlei private Geschichten und Episoden verwebt, die mit den Ereignissen verknüpft sind. Und damit ein vielschichtiges Bild einer Umbruchszeit zeichnet, die für Österreich eine ähnliche Rolle gespielt hat, wie für die bundesrepublikanische Gesellschaft die Auseinandersetzungen des Jahres 1968: „1986 war das 1968 Österreichs“, sagt Schindel. Am Dienstag stellt er seinen Roman im Literaturhaus vor.  MATT

■ Di, 2. 4., 19.30 Uhr, Literaturhaus, Schwanenwik 36

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