leserinnenbriefe
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Es gibt einen dritten Weg

■ betr.: „Sie haben keine klare Option mehr“, taz vom 13. 1. 10

Die Grünen „werden (…) zwischen zwei Polen zerrissen“, orakelt Ludger Volmer. Ich stelle dagegen: Werden sie nicht, denn es gibt da noch einen dritten Weg und der ist weder rot noch gelbschwarz, sondern grün pur! Soll heißen: Wenn die Grünen die Ökologisierung der Gesellschaft unbeirrt und kompromisslos weiter programmatisch vorantreiben, können sie all jene an sich binden, denen rotgelbschwarz nicht zukunftsfähig ist. Und das dürften in den nächsten Jahren eine ganze Menge Menschen sein. Warum kein Wahlziel à la 40-plus-x? Auch Zwerge haben mal klein angefangen.

STEFAN ERHARDT, München

Nachdenken und neu bestimmen

■ betr.: „Haben sich die Grünen überholt? Ja“, von Stefan Reinecke, taz vom 13. 1. 10

Mitnichten haben die Grünen bei der erstbesten Gelegenheit den Pazifismus über Bord geworfen, sondern 18 Jahre nach Gründung, nach langer intensiver Debatte seit dem Massenmord in Srebrenitza mehrheitlich die Entscheidung zum Kosovo und zu Afghanistan getroffen. Und darüber wird weiter innerhalb der Grünen gestritten, und das ist gut so.

Kaum eine Partei hätte sich so autoritär wie von Fischer kujonieren lassen. Was ist mit 16 Jahre Kohl, und wen hat er alles weggebissen? Was ist mit Schröder und seiner Basta-Zeit? Was ist mit Westerwelle und seiner heutigen FDP? Und ansonsten gab es auch immer wieder Reibungen und Auseinandersetzungen um die Position und Rolle von Fischer, und zwar nicht geheim, sondern offen. Wer hat einen Sonderparteitag 2003 durchgeführt, um die soziale Lage um Hartz IV zu diskutieren – und diskutiert sie weiterhin? So schnell seien die Ideale an den Nagel gehängt worden. Vielleicht muss man ab und zu über die Ideale nachdenken und neu bestimmen.

RAINER BODE, Münster

Grüne füllen eine Lücke

■ betr.: „30 Jahre Die Grünen“, taz vom 13. 1. 10

Ich finde es auch deswegen wichtig, die Grünen zu unterstützen, weil sie eine Lücke füllen. Konservative Parteien wollen traditionell den Einzelnen auf die Volksgemeinschaft verpflichten. Sozialistische haben sozial Schwache im Blick; aber sie reduzieren den Einzelnen wiederum aufs Kollektiv. Insofern könnte man fast meinen: dasselbe in (gerade nicht:) grün. Der Liberalismus schließlich preist den Egoismus als Lösung, durch den sich alles andere schon von selbst regeln werde (wesentlich komplexer ist der Gedanke des Marktradikalismus ja nicht). Die Grünen scheinen mir derzeit die einzige größere Partei zu sein, die das Soziale und das Individuelle für zentral hält und fördert. Davon brauchen wir mehr, gerade in diesen Tagen. MARTIN HAGEMEYER, Wuppertal

Grüne haben sich rechts überholt

■ betr.: „Haben sich die Grünen überholt?“, taz vom 13. 1. 10

Na klar: Die Grünen haben sich überholt, rechts überholt!

Ja, sie sind enorm erfolgreich. Ja, sie haben diese Republik in der Nachfolge der 68er (aus denen sie ja auch hervorgegangen sind) weiter verbessert. Aber mit den Grünen von 1980, mit den Grünen von Kelly, Dithfurth, Ebermann, Trampert etc. haben sie nicht mehr so viel gemein: statt Pazifismus – Kriegseinsätze, statt der sozialen Ziele – Agenda 2010. Die Grünen haben sich leider rechts überholt. Aber brauchen wir sie nicht mehr? Ich denke doch: Sie würden bei Fragen der Umwelt und der bürgerlichen Freiheit fehlen.

Oh, Andreas Fanizadeh: Glauben Sie wirklich, Sie sollten die Grünen mit unredlichen (demagogischen?) Argumenten verteidigen? Es tut mir ja leid für Sie, dass Ihnen in den 80ern die Konkret noch etwas bedeutet hat (mir schon in den 70ern nicht mehr), aber Sympathie für die Grünen erzeugen zu wollen, indem Sie daran erinnern, dass Gremliza sie in einem Atemzug mit der taz verunglimpft hat? Und: dass die Grünen nur zur Modernisierung statt zur Überwindung des Kapitalismus beigetragen haben, da hatte Gremliza ja 100 % Recht! Nur: Haben die Grünen denn je ernsthaft die Überwindung des Kapitalismus versprochen? Ich kann mich daran nicht erinnern.

WOLFRAM GIESE, Neu Wulmstorf

Vermisste Stichworte

■ betr.: „30 Jahre Die Grünen“, taz vom 13.1. 10

Ich vermisse folgende Stichworte: Liberalisierung des Kapitalmarktes und Neo-Biedermeier. HANS GÜNTER GREWER

Es stehen viele auf ihrer Seite

■ betr.: „Eine Frau trifft ins Schwarze“, taz vom 12. 1. 10

Im Fernsehen hatte ich am Heiligen Abend einen Ausschnitt der Predigt von Frau Käßmann gehört. Endlich steht „die Kirche“ in Form von Frau Käßmann auf und sagt Nein und begründet das deutlich. Mir war sofort klar, dass diese Aussage einen deftigen Krach hervorrufen würde.

Der Artikel beschreibt auch meine Gedanken, und ich kann sie nur unterstreichen. Für Frau Käßmann: Bleiben Sie stark. Es stehen sehr, sehr viele auf Ihrer Seite.

KAROLA SCHRAMM, LG Lelystad, Niederlande