Hollandes neue Reichensteuer

FRANKREICH Unternehmer sollen künftig für Millionengehälter Abgaben zahlen. Damit will der Präsident eine Trendwende bei der Beschäftigung einleiten

PARIS taz | Wenigstens eine frohe Botschaft hatte Frankreichs Staatschef François Hollande für die französische Nation in einem Fernsehinterview: Trotz Krise, trotz sinkender Kaufkraft und steigender Massenarbeitslosigkeit und Defizite bekommen die französischen Frauen unvermindert viele Kinder. Mit einer Geburtenrate von zwei Kindern pro Frau steht Frankreich mit Irland an der Spitze in Europa.

Einen solchen Lichtblick konnte Hollande brauchen, als er am Donnerstagabend vor der Kamera Auskunft über die Lage und die Perspektiven Frankreichs gab. Für ihn ging es aber nicht darum, sich aus der Misere herauszureden, sondern den Bürgern zu versichern, er wisse, wohin er das Schiff „France“ steuere. Sein unmittelbares Ziel sei eine Trendwende bei der Beschäftigung bis Jahresende. Das Mittel dazu sei das Wirtschaftswachstum, das Frankreich nach der Phase der Stagnation benötige. Derzeit hat die Arbeitslosigkeit bereits den historischen Höchststand von 1997 erreicht.

Hollandes Spielraum ist gering. Für seine Bilanz beansprucht er erste Reformen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und Anpassung des Arbeitsmarkts, die sich als effiziente „Werkzeuge“ erweisen können – falls man sie zweckmäßig einsetze. Das waren ein Wink und Appell an die Adresse der Arbeitgeber. Diese sind bisher wenig von Hollandes Leistungen angetan. Er hat zur Senkung des Defizits Steuern und Abgaben zulasten der Unternehmen erhöht. Jetzt sagt er, ab 2014 gebe es keine neuen Steuern mehr. Einige Firmen und Konzerne müssen ab 2013 mit zusätzlichen fiskalischen Sanktionen rechnen. Da eine erste Version der versprochenen 75 Prozent Reichensteuer bei den Verfassungsrichtern durchgefallen ist, hat Hollande eine Neuauflage in petto: Statt die Steuerpflichtigen direkt zu belasten, sollen 75 Prozent auf Spitzengehälter von mehr als einer Million Euro jährlich bei den Unternehmen kassiert werden.

Zudem will Hollande seinen skeptisch gewordenen Wählern zeigen, dass er an seinen Versprechen festhalten will. Er bestätigte, dass die Homo-Ehe trotz massiver Proteste der konservativen Rechten eingeführt werde. Er respektiere die spirituelle Gesinnung dieser Gegner, doch diese müssten die Legitimität des Parlaments in der Gesetzgebung anerkennen. RUDOLF BALMER