neues aus neuseeland: wer nicht kommt von hier, den verdreschen wir von ANKE RICHTER
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„We grew here – you flew here“: Einleuchtender kann man es nicht formulieren als der halbnackte Vertreter der anglo-keltischen Rasse, der sich diesen Spruch zwischen Stiernacken und Badeshorts schrieb, bevor er ein Dutzend Dosen „Foster’s“ kippte und zum Strand fuhr, um Libanesen zu jagen. Wir sind hier aufgewachsen, ihr seid im Flieger gekommen, und deshalb treiben wir euch jetzt johlend durch die Straßen, reißen euch die Kopftücher runter und schlagen alles klein, bis ihr Tabouli-Typen endlich im Pazifik treibt.

So schaut’s aus im schönen Sydney, wo am vergangenen Wochenende 5.000 Strandjungs die Vororte in Trümmer legten und ihren muslimischen Nachbarn zeigten, was ein echter „Aussie“ ist. Laut Barry Humphries, Freunden der Komik auch als „Dame Edna“ bekannt, ist man dadurch australisch, dass man Menschen von überall woanders her hasst. Was erst recht komisch ist, weil die Urururgroßväter dieser echten Australier von ganz woanders her kamen, vornehmlich in Ketten. Aber wenn man früher Aborigines aufgeknüpft, später deren Kinder zwangsadoptiert und bis heute wenig Probleme damit hat, dann kann’s halt schon mal lustig werden. Let’s have a party! Die Schlägertrupps verteilten großzügig Grillwürste, um australisches Kulturgut hochzuhalten.

Der Kiwi ist derweil entsetzt und ausnahmsweise mal nicht neidisch, dass alles Spannende immer woanders passiert. Dass die australischen Nachbarn rüde und rassistisch sind, hat man ja immer schon gewusst. Kein Wunder, dass sich ausgewanderte weiße Südafrikaner im Land der Kängurus so wohl fühlen: Alles erinnert ein wenig an die guten alten Zeiten daheim.

Fragt sich nur, wie Neuseelands Geschichte wohl verlaufen wäre, wenn die ersten Siedler statt auf kämpferische Maori auf ein Steinzeitvolk gestoßen wären. So bleibt einem ein Genozid erspart, und später macht Kohle für konfisziertes Land vieles wieder gut. Nein, niemand in Neuseeland ist rassistisch. Selbst der frisch rasierte Kopf der Neonazi-Truppe „National Front“ laut Selbstauskunft nicht. Und der Chef der Konservativen argumentiert: „Ich kann nicht rassistisch sein – meine Frau stammt aus Singapur.“ Logisch.

Übertölpelt wird er nur noch vom Bürgermeister Christchurchs, laut einer Studie die fremdenfeindlichste Stadt Neuseelands: „Manche nennen es Rassismus, andere nennen es ‚sich kennen lernen‘“, erklärte der Mann, als chinesische Studenten angepöbelt wurden und ein Skinhead eine junge Vietnamesin zu Boden stieß, ohne dass jemand eingriff.

Den Asiaten reichte es mit dem Kennenlernen: Sie riefen zur Demo auf. Das mag für jemanden, der in Kreuzberg groß geworden ist, normal sein, aber für Einwanderer aus Taiwan gehört Protest nicht zur ersten Bürgerpflicht. Das soll auch bitte so bleiben, befand der Stadtobere und versuchte, den Aufmarsch zu stoppen. Er verwies auf die Japaner, die in Nagasaki koreanische Leichen den Vögeln überließen: Mindestens so schlimm wie wir sind die. Besser hätte auch Australiens Premier das Thema nicht abrunden können. „Jedes Land hat Vorfälle, die international nicht gut ankommen“, sagte John Howard am Dienstag. Erzähl das mal einer Deutschen.