Arme Piratenjäger

Der Anti-Raubkopier-Verband GVU ringt verstärkt um neue Mitglieder, um seine Ermittlungen zu finanzieren

Wer Filmpiraten jagen will, braucht Geld. Genau daran aber fehlt es der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) derzeit enorm. Eigentlich soll die Organisation, der über 80 Unternehmen vorwiegend aus der Film- und Softwarebranche angehören, ermitteln, wer im Internet unerlaubt Filmkopien verbreitet, also die Urheberrechte ihrer Mitglieder verletzt. Und das, noch bevor der Staat tätig wird. Doch seit dem Mitgliederschwund von vor einem Jahr ist das Budget für diese Maßnahmen stark gesunken.

20 Software-Unternehmen sind aus dem Verband ausgetreten, darunter Größen wie Electronic Arts, Nintendo, Nokia oder RTL Enterprises. Geblieben sind Microsoft und Sony. Der Exodus aus der GVU ist laut Sprecherin Diane Gross auf die Auflösung des Verbandes der Unterhaltungssoftware zurückzuführen; auch dieser gehörte der GVU an. Insider aber begründen den Aderlass mit der unbefriedigenden Verbandspolitik bei der Jagd nach Internet-Piraten. Die kostet viel, hat aber nur einen geringen Effekt. Für viele Mitglieder, die den Verband verließen, stellte sich deshalb vorher die Frage: Was geschieht eigentlich mit den hohen Beiträgen?

Jetzt will die GVU gegensteuern. Diese Woche hat die Mitgliederversammlung die Satzung geändert und die Beitragsordnung novelliert. Dadurch sollen neue Mitglieder gewonnen werden. Im Visier hat die GVU im Besonderen Fernsehanstalten, deutsche Filmverleiher und Verlage, die Hörbücher herausgeben. Doch schon hagelt es neue Kritik. Aus dem Verband der Phonoverbände IFPI, der immer noch GVU-Mitglied ist, verlautet: „Wir glauben nicht, dass man die Wirkung der Abschreckung steigern kann, indem man die Zahlen der Anzeigen verdoppelt.“

Das aber will die GVU aber auch in Zukunft nicht ausschließen. Um ihre Politik weiterzuführen, braucht sie jedoch dringend mehr Geld. Die letztjährige Austrittswelle, prognostizierte die GVU damals, führe zu Einnahmeverlusten von rund 400.000 Euro – bei einem Budget von 2,3 Millionen Euro. Die fehlenden Mitgliederbeiträge hätten bedrohliche Auswirkungen auf die Arbeit, hieß es weiter. Ob dies tatsächlich so ist, will GVU-Sprecherin Gross jetzt aber nicht kommentieren.

Die Zahlen deuten allerdings darauf hin: 2004 hat die GVU wegen Film-Raubkopien noch 2.122 Verfahren eingeleitet; in diesem Jahr werden es voraussichtlich nur noch knapp 2.000 sein. Und die Durchsuchungen gegen Verdächtige werden von über 2.000 auf 1.800 zurückgehen. Zuvor stiegen die Zahlen Jahr für Jahr. Die neuen Mitglieder sollen nun baldmöglichst zu einer Kehrtwende beitragen – vor allem natürlich, indem sie mit ihren Beiträgen die Kriegskasse füllen.JEAN FRANÇOIS TANDA