„Staat muss Zügel anlegen“

Lesung: „Guter Kapitalismus“ und Finanzkrise

■ lehrt in Berlin VWL. 2009 veröffentlichte er „Der gute Kapitalismus … und was sich dafür nach der Krise ändern müsste“Foto: Indira Dupuis

taz: Was, bitte, ist „guter Kapitalismus“, Herr Dullien?

Sebastian Dullien: Eine Form des Kapitalismus, der die breiten Massen an Fortschritt und Wohlstand teilhaben lässt und einen steigenden Lebensstandard mit sich bringt.

Und was schlechter?

Schlechter Kapitalismus ist das, was wir über die letzten 30 Jahre gesehen haben. Der Staat hat den Märkten die Fesseln abgenommen. Daraus sind eine steigende Einkommensungleichheit und Finanzkrisen resultiert.

Der Staat soll also interventionieren?

Guter Kapitalismus kann nur funktionieren, wenn der Staat ihm die Zügel anlegt.

Hat die Krise nicht gezeigt, dass dieses System generell nicht funktioniert?

Das würde ich so nicht sagen. Was sind die Alternativen? Was ist ein System, das besser funktioniert? Der Kapitalismus ein einzigartiger Innovationsmotor, da er nicht zentral gesteuert ist. Er bringt einen steigenden Lebensstandard mit sich. Vor der industriellen Revolution hat es praktisch gar keinen Fortschritt gegeben. Insbesondere die Phase von 1945 bis ’73, mit einem stark staatlich regulierten Kapitalismus, hat beeindruckende Entwicklungen mit sich gebracht.

Wie kommen wir aus der Krise?

Wir brauchen eine Kombination aus der Stabilisierung der Finanzmärkte und Konjunkturpaketen. In Deutschland haben die Konjunkturprogramme gut funktioniert. Das Problem sind jetzt die Banken: Sie haben noch viele toxische Papiere. Auch ist die Politik die grundsätzlichen Regulierungsprobleme der Finanzmärkte nicht angegangen. Damit droht eine neue Krise. INTERVIEW: LISA KRICHEL

18 Uhr, Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften, Neuer Jungfernstieg 21