Stadion-Ausbaupläne sorgen für Ärger

Anwohner fühlen sich von Werder übergangen und wollen jetzt Gespräche mit dem Verein boykottieren. Der Verein bedauert jetzt offiziell den Schnellschuss. Ortsamtsleiter Robert Bücking findet das Verhalten beider Seiten „hanebüchen“

Bremen taz ■ Noch sind die Pläne nicht einmal auf dem Tisch und schon sorgen sie für Ärger. Andererseits ist aber auch gerade das ein Grund: Die Anwohner in der Pauliner Marsch hätten von Werder Bremen gerne vorab erfahren, dass man über einen Ausbau des Weserstadions nachdenkt. Jetzt ist diese Nachricht längst draußen, die Anwohner sollen aber erst am kommenden Dienstag näher informiert werden. Nun wollen diese aber nicht mehr. Zu kurzfristig, sagen sie.

„Hanebüchen“ sei das alles, poltert Ortsamtsleiter Robert Bücking – und meint damit gleich beide Seiten. Er hadert zum einen mit Werder, das die Pläne vielleicht nicht hätte vorlegen, aber auf jeden Fall kommunizieren müssen. Es sei „hochgradig ärgerlich, dass wir jetzt erst davon erfahren“, sagt er. „Vollkommen töricht“ findet er dagegen die Haltung der Anwohner. Die wollen mit Hinweis auf die kurzfristige Ansetzung bei einer Sondersitzung der Teilnehmer des Moderationsverfahrens Pauliner Marsch am 20. Dezember nicht erscheinen. Am Mittwoch erfolgte erst die Einladung, also nachdem die Pläne öffentlich geworden waren.

Werder selbst ging mittlerweile in die Offensive – vorübergehend. Ja, man habe eine Machbarkeitsstudie erstellen lassen, ließ Geschäftsführer Manfred Müller per Pressemitteilung verlauten. Und ja, man habe Bürgermeister Jens Böhrnsen bereits informiert. Es geht um die Verlängerung der Tribünendächer ebenso wie um die fatale Parkplatzsituation, aber vor allem um eine mögliche Aufstockung des Stadions, was durchaus 10.000 zusätzliche Plätze bringen könnte, sowie die Anpassung der tristen Westkurve an das „neu geschaffene Bild der Nordgeraden“. Leider sei das öffentlich geworden, bevor das Moderationsgremium in Kenntnis gesetzt werden konnte, bedauerte Müller offiziell. Bis das nachgeholt sei, werde das Thema von ihm nicht mehr kommentiert.

An ein Versehen, ein Verplappern, glaubt Udo Würtz aber eben nicht. Das sei pure Absicht, meint der Sprecher der Anwohner. „Die wollten die Euphorie nach dem überwältigenden Spiel gegen Athen ausnützen.“ Würtz weiß auch, was Anpassung der Westkurve an die Nordgerade bedeutet: weitere Bürotürme, noch mehr Verkehr. Dabei habe der sich „jetzt schon verdreifacht“.

Kein Wunder, dass Bausenator Jens Eckhoff (CDU) bei den Umbauüberlegungen zum bewährten Moderationsverfahren anmahnt. Er rate Werder dringend, frühzeitig breiten Konsens herzustellen, sagt er. Für Hans-Georg Gerling, sportpolitischer Sprecher der Partei und grundsätzlich ein Befürworter der Pläne, sind die Parkplätze dann auch „die größte Sorge“. Schon wird über ein neues Parkhaus an der Erdbeerbrücke spekuliert, doch mit öffentlichem Geld braucht der Bundesligist wohl nicht zu rechnen. „Das kommt nicht in Frage“, beteuert Gerling. Dafür nähme er auch die Veräußerung des Stadionnamens in Kauf. „EWE-Tel-Arena“ oder auch „Fruchtzwerge-Park“, alles demnach möglich. Gerling: „Wenn wir in der Champions League bleiben wollen, müssen wir uns bewegen.“

Bewegung fordert nun auch Ortsamtsleiter Bücking von den Anwohnern. „Ich verstehe, dass sie sauer sind, aber die müssen zur Sitzung kommen. Im eigenen Interesse.“ Diese fühlen sich übergangen, wollen erst Einsicht in die Unterlagen, sich angemessen vorbereiten. Gerade, weil auf dem anvisierten Areal „eigentlich gar nicht gebaut werden dürfte“, sagt Udo Würtz. Es gehe ihm dabei ausschließlich um die Interessen der Anwohner. Als Fußballverächter wäre er in der Tat unverdächtig: Würtz besitzt schon seit Jahren eine Werder-Dauerkarte.

Achim Graf