Einmal verkauft heißt für immer verloren

Kommunaler Unternehmerverband kritisiert Verkauf von Stadtwerken an Privatentsorger. Wenn ein Konzern bestimmt, ist es vorbei mit regionaler Wirtschaftsförderung und Subventionen für Nahverkehr oder Schwimmbäder

DÜSSELDORF taz ■ Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hat den Verkauf von Stadtwerken an private Mehrheitsgesellschafter kritisiert. „Die Stadtwerke sind ein regionaler Wirtschaftsfaktor, der nicht nur Arbeitsplätze sichert, sondern auch die Unternehmen vor Ort fördert“, so VKU-Sprecher Wolfgang Prangenberg zur taz. „All das fällt weg, wenn ein Externer kommt, der nur daran interessiert ist, Geld aus dem Unternehmen zu ziehen.“ Anlass für die Kritik ist der Verkauf von Aktien der Stadtwerke Düsseldorf im Wert von 361 Millionen Euro an den Energiekonzern EnBW, der damit 54,95 Prozent an dem kommunalen Versorger hält. Der Düsseldorfer Stadtrat hatte dem umstrittenen Geschäft am Donnerstag zugestimmt (taz berichtete). Der VKU mit Sitz in Köln ist eine Interessengemeinschaft deutscher Stadtwerke.

Nach Angaben von VKU-Sprecher Prangenberg haben von den 230 Stadtwerken in Nordrhein-Westfalen rund ein Drittel auch private Gesellschafter. Aber lediglich in sechs bis sieben Prozent der Fälle würden die Privaten die Mehrheit der Anteile halten. Einen Trend zu mehr privater Dominanz könne er nicht erkennen, so Prangenberg. „Es gibt eher den Trend, dass Stadtwerke untereinander kooperieren.“ So kaufte in diesem Jahr die Kölner RheinEnergie die Troisdorfer Stadtwerke und die Stadtwerke Bochum, Herne und Witten haben sich auf eine strategische Allianz verständigt.

Die Stadtwerke in NRW mit 40.000 Beschäftigten und geschätztem Jahresumsatz von 14,5 Milliarden Euro gelten als lukrative Investitionsobjekte – auch weil sie zum Verbraucher direkten Kontakt haben. Selbst die russische Gasprom oder der britische Finanzinvestor Terra Firma signalisierten Kaufinteresse.

Neben Strom, Gas und Wasser gehören häufig auch Öffentlicher Personennahverkehrsbetriebe, Telekommunikationseinrichtungen oder Schwimmbäder zum Angebot der Stadtwerke. Bei mehrheitlich privat geführten Stadtwerken stehen defizitäre Unternehmensteile aber unter Druck. Privatisierungsskeptiker befürchten, dass Quersubventionierungen – etwa für den öffentlichen Nahverkehr – abgeschafft werden. „Das ist schon nachteilig“, sagt auch VKU-Sprecher Prangenberg. Kommunalvertreter sollten es sich deshalb genau überlegen „ob der einmalige Verkaufserlös das wett macht“.

Grundsätzliche Kritik an den Privatisierungsbestrebungen äußerte die globalisierungskritische Organisation Attac: „In allen Fällen zeigen sich Verschlechterungen im Bereich der Daseinsvorsorge“, sagt Ludger Spellerberg aus Wuppertal vom Arbeitskreis Privatisierung. Der neuste Fall: In Wuppertal tagt morgen der Stadtrat in nichtöffentlicher Sitzung über eine Neuordnung der Stadtwerke – geplant wird die Gründung einer Holding. Bislang befinden sich hier 33 Prozent in privater Hand.

Für die baden-württembergische EnBW ist die Beteiligung an den Düsseldorfer Stadtwerken die einzige in Nordrhein-Westfalen, so ein Konzernsprecher zur taz. Demgegenüber hält das in Essen ansässige Unternehmen RWE Anteile an mehr als 100 regionalen Versorgern.

Direkt eingekauft hat sich RWE unter anderem bei der Stadtwerke Düren GmbH mit 74,95 Prozent, der Stadtwerke Duisburg AG (20 Prozent), der Stadtwerke Essen AG (29 Prozent), der Stadtwerke Wuppertal AG (20 Prozent) und der Kölner RheinEnergie AG mit 20 Prozent. Hinzu kommen indirekte Verbindungen über Tochterfirmen. So ist RWE an den Wuppertaler Stadtwerken auch über eine Luxemburger Tochter mit zusätzlich 13 Prozent beteiligt.SEBASTIAN SEDLMAYR