Stammt der Dreck von Ami-Autos?

Eine langjährige Abgasstudie des Forschungszentrums Karlsruhe ist wissenschaftlich umstritten. Kosten: 580.000 Euro

BERLIN taz ■ Nur teuer – oder auch unseriös? Ein Großversuch des Forschungszentrums Karlsruhe (FZK) ist umstritten. Allein 580.000 Euro an reinen Sachkosten hat das Projekt verschlungen. Öffentliche Gelder. Dafür beschäftigten sich 15 Wissenschaftler jahrelang damit, an der Autobahn zwischen Heidelberg und Mannheim gemessene Luftschadstoffmengen neu zu bewerten. Axel Friedrich vom Bundesumweltamt kritisiert die Ergebnisse als „fachlich inkompetent und grundsätzlich falsch“. Christoph Kottmaier vom FZK-Klimainstitut gibt sich hingegen begeistert: „Durch die Messkampagne wurde die Datenbasis für unsere Modellrechnungen entscheidend verbessert.“

Die Karlsruher Forscher hatten ihr Projekt 2001 gestartet. Dabei zeichneten sie das Verkehrsaufkommen an der Autobahn A 656 an einer Messstelle mit Video auf. Dann übermittelten sie die Kennzeichen der vorbeikommenden Fahrzeuge an das Verkehrsamt in Flensburg. Die sich aus den Fahrzeugbriefen ergebenden Schadstoffmengen verglichen die Wissenschaftler schließlich mit den tatsächlich gemessenen Daten. Das Ergebnis überraschte: Alle bisherigen Berechnungen zum Schadstoffausstoß an Autobahnen schienen auf falschen Zahlen zu beruhen. „Wir haben über 23 Prozent mehr Kohlenmonoxide und 17 Prozent mehr Stickoxide gefunden, als in den Berechnungsmodellen vorgesehen war“, sagt Projektleiter Ulrich Corsmeier. Bei Benzol habe man sogar mehr als das Doppelte der erwarteten Menge ermittelt.

Das Bundesumweltamt hält hingegen die Versuchsanordnung für unwissenschaftlich. „Aus den Zahlen für ein kleines Stück Autobahn in Baden-Württemberg lassen sich doch keine Rückschlüsse auf das Schadstoffaufkommen in der ganzen Republik ziehen“, empört sich Axel Friedrich. Zudem seien dort „überdurchschnittlich viele Ami-Autos aus einer nahen Kaserne unterwegs“, die einen erheblich höheren CO-Ausstoß hätten als deutsche. Außerdem seien die angewandten Messmethoden undurchsichtig. Die Karlsruher Ergebnisse würden jedenfalls nicht bei den Schadstoffberechnungen des Umweltbundesamtes berücksichtigt. Darüber seien die Karlsruher Forscher seit Jahren informiert.

„Es gibt nur wenige Stellen an Autobahnen, die für so exakte Schadstoffmessungen geeignet sind“, rechtfertigt sich Kottmaier. Bei Messungen nahe der polnischen Grenze wäre es wegen der Ostautos auch zu verzerrten Ergebnissen gekommen.

Das Umweltministerium Baden-Württemberg hatte Fördermittel schon 2001 abgelehnt – wegen schwerwiegender handwerklicher Fehler. Umweltforscher Ulrich Höpfner hat die Studie als Obergutachter bewertet: „Was damals falsch war, wird jetzt auch nicht richtiger.“ Dabei hatten sich die FZK-Forscher viel versprochen: Sie wollten Klimaphänomene wie den Sommersmog genauer vorhersagen oder die EU-Höchstgrenzen für Schadstoffe besser überwachen.

ARNULF WIESCHALLA