Starke Arme
: KOMMENTAR VON NICOLA LIEBERT

Die Entwicklungsländer können mit dem Ergebnis der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) den Umständen entsprechend zufrieden sein. In einem Punkt haben sie ein sehr vorteilhaftes Ergebnis erreicht, nämlich die Abschaffung aller Arten von Exportsubventionen für Agrarerzeugnisse bis zum Jahr 2013. In allen anderen Bereichen, wo die Entwicklungsländer keine hinreichenden Vorteile für sich erkennen konnten, haben sie konkrete Beschlüsse verhindert. Und das ist gut so.

Die Exportsubventionen, mit deren Hilfe vor allem die Europäische Union und die USA ihre Agrarüberschüsse zu Dumpingpreisen auf dem Weltmarkt loswerden, treiben viele ErzeugerInnen im Süden in den Ruin. Ein festes Enddatum hierfür ist ein gewaltiger Fortschritt. Die Entwicklungsländer haben diesen erreichen können, weil sie zusammengehalten haben.

Schon bei der letzten WTO-Ministerkonferenz vor zwei Jahren in Cancún haben sich einige von ihnen zu einer inzwischen sehr einflussreichen Verhandlungsgruppe namens G 20 zusammengeschlossen, um den maßlosen Forderungen der Industrieländer Paroli zu bieten. Cancún platzte. Jetzt haben sich sogar 110 arme und reiche, weniger und stärker entwickelte Länder des Südens zusammengetan. So scheiterten die Versuche des Nordens, die ärmeren Entwicklungsländer und die Schwellenländer, die zum Teil selbst große Agrarexportnationen sind, gegeneinander auszuspielen. Und mehr noch: Anders als in Cancún konnte der Süden diesmal sogar einen konkreten Fortschritt erzielen.

Die Industrieländer hätten vor einem Scherbenhaufen gestanden, wenn sie sich nicht wenigstens in dieser einen Hinsicht kompromissbereit gezeigt hätten. Andernfalls wäre auch die Konferenz in Hongkong geplatzt – und damit zugleich jede Chance auf ein neues Handelsabkommen, das auch die Interessen des Nordens an offenen Märkten für Industriegüter und Dienstleistungen umfasst.

Die Entwicklungsländer können bei den weiteren Verhandlungen auf einer starken gemeinsamen Basis aufbauen. Auf faule Kompromisse, das hat Hongkong gezeigt, müssen sie sich nicht mehr einlassen.