Der Weg nach oben führt über Gronau

Im Trainingslager: Das NRW-Kultursekretariat fördert den Pop-Nachwuchs – aber nur bis zu einem gewissen Alter

Mit 27 ist Feierabend. Kein Wunder, schließlich geht man mit 27 quasi schon am Stock, und den kann man als Popstar nun wirklich nicht gebrauchen. Drum hat das NRW-Kultursekretariat in Wuppertal seinen Musik-Förderwettbewerb „popUP NRW“, der im vergangenen Jahr noch den bodenständigen Namen „Triebwerk“ trug, flugs bei einem Alter von 26 Jahren begrenzt. Irgendwo müsse man ja eine Grenze ziehen, sagt Projektleiter Santos Reyländer. Außerdem: Wer bis dahin keine Kontakte geknüpft habe, schaffe es eh nicht mehr. Wie auch – wenn überall Altersbeschränkungen lauern?

Bis Ende Januar können sich Unter-27-Jährige noch bewerben, um in das zweistufige Programm zu rutschen. Eine Jury, in der VIVA-Erfinder Dieter Gorny vermutlich den Bohlen-Part übernimmt, sucht aus den Einsendungen bis zu 15 Bands aus und schickt sie in ein Workshop-Wochenende. Dort wolle man sehen, wie ausbaufähig die Bands sind, sagt Reyländer. Anders formuliert: Dort wird der Nachwuchs gesichtet und vorgeformt. Und wer sich brav „coachen“ lässt, zählt womöglich zu jenen Bands, die später in die „Masterclass“ kommen, wo dann wiederum „gecoacht“ und gesichtet wird. Das Ganze ist quasi ein Pop-Trainingslager. Und was für Freunde blöder Anglizismen.

Von ähnlichen Wettbewerben im TV wie „Deutschland sucht den Superstar“ grenzt man sich im Kultursekretariat allerdings vehement ab. Was durchaus verständlich ist, wenn man nur einen kurzen Blick in die laufende Staffel geworfen hat. Dort sitzt Dieter Bohlen neuerdings ein Patachon namens Heinz Henn zur Seite, der mehr nach Rainer Calmund klingt, als dass er Ahnung von Musik hätte. Aber egal. „popUP NRW“ ist anders. Jedenfalls wird das fortwährend beteuert.

Anders als bei RTL, wo die angehenden Fernsehgesichter so lange ausgesaugt werden, bis sie ganz fad aussehen, soll der Nachwuchs bei „popUP NRW“ auf Selbständigkeit getrimmt werden. Die Bands der Masterclass dürfen beim Open-Air-Festival Bochum Total auftreten, außerdem soll ein Netzwerk gestrickt werden, über das sie Kontakte zu Veranstaltern knüpfen können.

Alles in allem ein guter Ansatz, wenn es denn klappt. Nur das Abschlusskonzert, wo sich die Bands dem breiten Publikum und interessierten Clubs vorstellen sollen, hätte man nicht abseitiger platzieren können: Es findet in Gronau statt, im jungen Rock ‘n‘ Pop-Museum, das als Partner mit im Boot sitzt. Das heißt: Es soll dort stattfinden. Wenn das defizitäre Haus in der Lindenberg-Stadt Mitte nächsten Jahres überhaupt noch existiert.

BORIS R. ROSENKRANZ

Infos: 0202-5634964www.nrw-kultur.de