Polnische Bedingungen

Auch die niedersächsischen Bauern protestieren gegen die Pläne der Bundesregierung, künftig mindestens zehn Prozent der polnischen Erntehelfer durch inländische Arbeitslose zu ersetzen. Sie befürchten Motivationsprobleme

Wer arbeitet genauso billig wie die Polen? Ganz einfach: die deutschen Arbeitslosen. Das glaubt zumindest die Bundesregierung und beschloss, dass künftig mindestens zehn Prozent der ausländischen Erntehelfer in der deutschen Landwirtschaft durch inländische Bewerber ersetzt werden sollen. Basta.

Seitdem ist das Geschrei groß bei den Bauernfunktionären. Nicht etwa, weil sie befürchten müssten, den deutschen Erntehelfern mehr zu bezahlen als den üblichen Stundensatz von nur rund fünf Euro brutto. Nein, die deutschen Arbeitslosen, sagen die Bauern, seien für den Job schlicht nicht geeignet. Von einer „Wachstumsbremse“ spricht Rudolf Faby, der Leiter der Versuchsstation für Obst- und Gemüseanbau im niedersächsischen Langförden. Bereits früher habe man mit Arbeitslosen als Erntehelfern schlechte Erfahrungen gemacht. Bücken, Heben, Arbeit im Freien – die Motivation sei bei dem schweißtreibenden Job „eher niedrig“ gewesen.

Noch deutlicher wurde gestern die Lüneburger Landeszeitung. Sie zitierte eine Spargelbäuerin aus Neetze, die vor Jahren an einem Feldversuch mit deutschen Arbeitslosen teilgenommen hatte. Von 29 Probanden hätten „gerade mal dreieineinhalb Monate durchgehalten“, klagte die Frau. Die anderen seien erst gar nicht erschienen oder nach wenigen Tagen weggeblieben.

Einen Silberstreif am Horizont machte die Lüneburger Agentur für Arbeit aus. Während den Beziehern von Arbeitslosengeld I erst ab dem siebten Monat Beschäftigungen zugemutet werden dürften, mit denen sie weniger als das Arbeitslosengeld verdienen, gelte diese Einschränkung nicht für die langzeitarbeitslosen Empfänger von Arbeitslosengeld II.

Dort seien „alle Tätigkeiten von Beginn an zumutbar“, frohlockte der Chef der Lüneburger Agentur, Bernd Passier. Und was die Unlust betrifft, für polnische Billiglöhne auf den Feldern zu ackern: Die könne den deutschen Arbeitslosen bald vergehen. „Der Druck, zum Arbeitslosengeld etwas dazu zu verdienen, ist größer geworden“, hat Agentur-Chef Passier erkannt. Seine Behörde stellt jährlich 6.000 Genehmigungen für ausländische Saisonkräfte aus, 600 davon muss sie künftig durch Arbeitslose ersetzen.

Ob das klappt? Rückenwind für die besorgten Bauern kommt nun ausgerechnet von den Grünen. In der Landwirtschaft benötige man „motiviertes Fachpersonal“, sagte die grüne Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer gestern zur Nordwestzeitung. Und das bekomme man für fünf Euro die Stunde immer noch am besten in Polen. wie