Der alte Präsident Filip Vujanovic ist auch der neue

MONTENEGRO Sozialist gewinnt Wahlen mit knappem Vorsprung. Opposition spricht von Wahlbetrug

Die regierende Sozialistische Partei ist in zahlreiche Korruptionsskandale verstrickt

SARAJEVO taz | So richtig glücklich kann in Montenegro nach diesen Präsidentschaftswahlen wohl niemand sein. Nicht der Wahlsieger, auch nicht die Zivilgesellschaft und schon gar nicht die Europäische Union. Denn der Wahlprozess war am Sonntag von einem bisher beispiellosen Durcheinander gekennzeichnet. Schon lange vor der Auszählung und dem offiziellen Ergebnis hatten sich beide Kandidaten zum Wahlsieger erklärt.

Schließlich gewann mit nur 7.000 Stimmen Vorsprung der bisherige Präsident Filip Vujanovic. Der 58-Jährige ist bereits seit 2003 im Amt. Vujanovic habe 51,2 Prozent der Stimmen erhalten, teilte die Wahlkommission in Podgorica am Montagabend mit. Auf den Kandidaten der erstmals gemeinsam agierenden Opposition, den pensionierten Diplomaten Miodrag Lekic, entfielen entfielen 48,8 Prozent.

Der Verband der Bürgerinitiativen MANS sprach am Montag von Wahlbetrug. Viele Bürger seien einfach aus den Wahllisten gestrichen worden, andere dagegen hätten zwei Mal abstimmen dürfen.

Der dem starken Mann und Premierminister Mile Djukanovic nahestehende Sozialist Vujanovic sollte nach Informationen aus Podgorica „mit allen Mitteln“ in seinem Amt bestätigt werden. Denn ein Sieg der Opposition wäre als Niederlage Djukanovic’ gewertet worden. Der Präsident selbst hat vor allem repräsentative Aufgaben.

Beide Kandidaten traten für die Integration des Landes in die EU ein. Fraglich ist jetzt aber, ob man in Brüssel das Wahlkuddelmuddel nicht als Hindernis für den angekündigten Integrationsprozess ansieht. Montenegrinische Zeitungen forderten die EU sogar auf, sich direkt einzumischen „und wie auch immer geartete Manipulationen und Betrügereien“ zu sanktionieren.

Der unterlegene Kandidat Lekic sprach davon, dass ihm sein Wahlsieg gestohlen worden sei. Immerhin ist es ihm aber gelungen, die bisher zerstrittene Opposition an einen Tisch zu bringen und dem übermächtigen Djukanovic eine Alternative entgegenzusetzen. Allerdings ist noch unklar, ob die von rechts außen bis zur Zivilgesellschaft reichende Opposition bei Parlamentswahlen ebenfalls gemeinsam antreten wird.

Angriffsflächen gäbe es genug. Die seit Anfang der 90er Jahre regierende Sozialistische Partei ist in den letzten Jahren in zahlreiche Korruptionsskandale verstrickt. Die Arbeitslosigkeit ist auf rund 20 Prozent gestiegen. Immerhin ist es der Fußballnationalmannschaft gelungen, eine gute Figur bei der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien abzugeben. „Gelänge die Qualifikation, wäre Djukanovic wohl nie mehr zu stürzen“, witzelt ein Sprecher von MANS.ERICH RATHFELDER