Spanien liefert „Todespiloten“ aus

ARGENTINIEN Ein argentinisch-niederländischer Staatsbürger muss sich bald in Buenos Aires vor Gericht verantworten. Er soll während der Militärdiktatur Häftlinge aus Flugzeugen ins Meer geworfen haben

MADRID taz | Argentinien wird mit Hilfe der spanischen Justiz etwas mehr Licht in das Dunkel der Diktatur bringen. Der oberste spanische Strafgerichtshof gab jetzt dem Auslieferungsantrag gegen den Piloten Julio Alberto Poch statt. Der 57-Jährige soll von 1976 bis 1983 als Pilot bei der argentinischen Kriegsmarine an den sogenannten Todesflügen teilgenommen haben. Dabei wurden Regimekritiker über dem Meer abgeworfen. 30.000 Menschen wurden während der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 unter General Jorge Rafael Videla getötet.

Laut den Vorwürfen soll Poch nicht nur „Todesflüge“ ausgeführt haben, sondern auch an „illegalen Festnahmen“ beteiligt gewesen sein. Regimekritiker seien in das berüchtigte Folterzentrum in der Marineingenieursschule (Esma) in Buenos Aires gebracht worden. Wer dort landete, überlebte nur selten. 5.000 Personen sollen laut Menschenrechtsorganisationen in der Esma gefoltert worden sein. Poch darf in Argentinien nicht zu lebenslanger Haft verurteilt werden, weil nach Spaniens Strafgesetzbuch eine lebenslange Haft nicht vorgesehen ist.

Poch, der die argentinische und holländische Staatsangehörigkeit besitzt, stimmte seiner Auslieferung zu, um sich „verteidigen zu können“. Er sei unschuldig, behauptete er immer wieder. Als Marinepilot sei er nie der Esma zugeteilt gewesen. Dem Piloten, der nach seiner militärischen Laufbahn bei der KLM/Air France-Tochter Transavia arbeitete, wurde ausgerechnet sein letzter Einsatz vor der Rente zum Verhängnis. Er wurde am 22. September 2009 verhaftet, als er in Valencia seine Maschine besteigen wollte, um nach Holland zurückzukehren.

Bis zuletzt hatte Poch versucht, eine Auslieferung nach Holland zu erwirken. Doch die holländische Justiz blieb untätig. „Ich bin ein politischer Häftling“, erklärte Poch immer wieder. „Holland will aus politischen Gründen einen Staatsbürger loswerden, ohne diesem die Möglichkeit zu geben, sich zu verteidigen“, fügte er hinzu. Poch spielt damit auf das holländische Königshaus an. Der Vater von Máxima Zorreguieta, der Gemahlin von Thronfolger Wilhelm Alexander, ist Argentinier. Er hatte zu Zeiten der Diktatur leitende Posten inne. REINER WANDLER