leserinnenbriefe :
Nie benachteiligt, immer gesiegt
■ betr.: Nachrufe auf Katharina Rutschky, taz vom 16./17. 1. 10
Wie hat Katharina Rutschky das bloß gemacht? Wie ist sie eine Königin geworden, eine feine Lady, die mit Mann und Hund durch Berlin spaziert, und, anders als de Beauvoir und Sartre in Paris, einflussreich und angesehen im intellektuellen Berlin ist? Warum reagiert sie wütend, wenn andere Feministinnen anders denken? Sicherlich darf sie differenzieren, wenn sie den „Missbrauch des sexuellen Missbrauchs“ anprangert. Aber ihre Behauptung, Alice Schwarzer habe sich mit ihrer Aktion „Ich habe abgetrieben“ bloß auf eine „verführerische Erfolgsschiene“ begeben als „instinktsichere, aber politisch und intellektuell nur mäßig interessierte Journalistin“ sogar ein Buch in der „angesagten Edition Suhrkamp“ untergebracht (Berliner Zeitung), kann ich ihr nicht abnehmen.
Es gibt auch bei den intellektuellen Frauen welche wie Rutschky, die nie Leid oder Ungerechtigkeit erlebt haben, nichts davon wissen. Die immer gesiegt und sich mit ironischem und humoristischem Lächeln dank eigener Tüchtigkeit und Gescheitheit befreit haben, die sich nie benachteiligt vorkommen mussten.
Sicher bin ich neidisch auf die Schlosserstochter Rutschky, die sicherlich kein Opfer geworden ist, sondern sich klug und begabt eine souveräne Rolle erobert hat. Nur, lieber Herr Feddersen, eine solche Ausnahme wie Katharina Rutschky ist kein Beweis dafür, dass der Feminismus längst keine Feinde mehr hat, außer vielleicht linke, elegante Intellektuelle. Ich wünschte, wenn ich erbittert gegen Ungerechtigkeiten kämpfe, nicht gleich als „verbittert und verbissen“ von einigen Männern und – vielen erfolgreichen Frauen herabgesetzt zu werden. MARIANNE GRAEVE, Frankfurt am Main
Text ruft Wut hervor
■ betr.: „Ungebrochene Selbstidealisierung“, taz vom 18. 1. 10
Birgit Rommelspacher meint, eine Affinität zwischen Rechten, ja Faschisten einerseits und Feministinnen andererseits entdeckt zu haben. Zumindest solchen, die sich einen patriarchatskritischen Blick auf Islamisches erlauben. Das ist nämlich kolonialistisch, eurozentristisch oder gar rassistisch. Zumindest so lange, wie das Christentum nicht in gleicher Weise durchleuchtet wird. Und der Kolonialismus. Und die Aufklärung. Und die Geschichte Europas. Und der Kampf für Menschenrechte. Frau Rommelspachers Text ruft aber nicht die von ihr wahrscheinlich intendierte Betroffenheit über unsere „Dominanzkultur“ hervor, sondern Wut. Wut darüber, dass hier jemand eine historisch-kritisch verbrämte Moralkeule schwingt, sobald sich Feministinnen wehren gegen religiös, kulturell, wissenschaftlich oder sonst wie begründete Definitionen, was eine Frau zu sein hat, wie sie sich verhalten oder kleiden muss.
CLAUDIA PINL, Köln
Keine konstruktiven Vorschläge
■ betr.: „Zum Jubiläum ein Aufreger“, taz vom 18. 1. 10
Ministerpräsident Koch fordert eine Arbeitspflicht für Hartz-IV-Empfänger. Auch wenn es unbestreitbar Missbrauch bei Sozialleistungen gibt, ist die Koch’sche Forderung schon ein starkes Stück.
Als Ministerpräsident und Politiker ist er dem Wohl der Menschen verpflichtet, hierzu zählt nicht zuletzt innovative Arbeitsmarktpolitik. Nicht so bei Koch: Statt die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, bekämpft er die Arbeitslosen! Dabei weiß der gewiefte Hesse selbst am besten, dass schon jetzt die Hartz-Gesetze völlig unbrauchbar sind. Die „Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ (wie sie richtig heißen) haben zu einer unvorstellbaren Klagewelle vor den Gerichten geführt und mehrfach gesetzgeberischen Dilettantismus offenbart. Hierzu kein Wort und keine konstruktiven Vorschläge von Koch. PETER WOLTERS, Walbeck
Verteilungsproblematik
■ betr.: „Späße mit der Unterschicht“, taz vom 18. 1. 10
Der Kommentar beschäftigt sich entgegen der Überschrift nicht einmal ein wenig mit dem Zynismus gegenüber der Unterschicht. Solche Artikel kann ich auch in anderen Zeitschriften lesen und als Vorbereitung von Sozialkürzungen verstehen. Das war ja auch von Koch – und ist von der schwarz-gelben Koalition – beabsichtigt und in der Konsequenz eine weitere Verteilung von unten nach oben.
Kein einziges Wort zu Maischbergers Bild-Zeitungsniveau, das Roland Koch ja erst die Vorlage gegeben hat. Letztendlich geht es doch um eine Verteilungsproblematik in unserer Gesellschaft, die uns alle betrifft, und nicht um eine „Lusche“, die Sie faul und fett auch in Chefetagen finden. GEORG REGIS
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