Keine „Negerküsse“

Amtsrichter sorgt telefonisch für die Einstellung eines Verfahrens wegen eines Kinderfestes im Schanzenpark

Das war Amtsrichter Lass zu dumm: Nach nur einem Prozesstag sorgte er per Anruf bei der Staatsanwaltschaft und Verteidiger Andreas Beuth dafür, dass das Verfahren gegen eine Aktivistin des „Freien Netzwerks für den Erhalt des Schanzenparks“ gegen eine geringe Geldbuße eingestellt wird. Der für gestern angesetzte Fortsetzungstermin erledigte sich damit.

Ursprünglich war der Frau vorgeworfen worden, am 22. Januar dieses Jahres – und damit wenige Tage nach Beginn des Umbaus des Wasserturms zum Nobelhotel – eine „nicht angemeldete Versammlung“ auf den Parkwiesen geleitet zu haben. Das Kinderfest, das sie zum Geburtstag ihres Sohnes organisiert hatte, sei nur „Tarnung“ gewesen (taz berichtete). Dieser Vorwurf ist gänzlich vom Tisch.

Was bleibt, ist die vermeintliche Beleidigung von Polizisten, die sie gegenüber Bekannten ausgesprochen haben soll. Zwar sei der angeklagte Satz „Willst Du den Arschlöchern etwa noch Negerküsse anbieten?“ nie gefallen, da der rassistische Begriff „Negerküsse“ nicht zu ihrem Wortschatz gehöre, so die Beschuldigte. Dass sie an dem Tag aber auf die einschüchternd wirkenden Polizisten, die bei ihrem Agieren nicht einmal auf die Kinder Rücksicht nahmen, nicht gut zu sprechen gewesen war, ist nicht von der Hand zu weisen. Und da ist es rechtlich nicht relevant, dass die abfällige Bemerkung nicht direkt an die Adresse der Polizei abgegeben wurde.

Seit Baubeginn im Wasserturm bekommen überhaupt NutzerInnen des Schanzenparks verstärkt zu spüren, welche Folgen die Privatisierung eines öffentlichen Raums hat. „Seit dem 10. Januar gab es nicht nur über 300 Platzverweise mit teilweise absurdesten Begründungen“, sagt ein Netzwerk-Sprecher, „sondern es sind noch 20 Verfahren offen.“ Ein weiterer Prozess gegen einen Gegner des Mövenpick-Hotels wegen einer vermeintlichen Sachbeschädigung an einem umgekippten Messgerät endete bereits mit Freispruch. MAGDA SCHNEIDER