Das blaue Jobwunder

LAGEBERICHT In ihrer Arbeitsmarkt-Analyse kritisiert die Arbeitnehmerkammer die Situation bei Minijobs und mahnt politischen Gestaltungswillen an

■ Während sich Bremerhavens Arbeitslosenquote leicht erholte – von 16,3 auf 14,9 Prozent – stagnierten die Bremer Zahlen im Berichtsjahr bei 10,5 Prozent.

■ 71.000 sogenannte Minijobs, also Anstellungsverhältnisse, die mit unter 450 Euro monatlich vergütet werden, gibt es. Damit ist bereits jeder 5. Arbeitsplatz in Bremen ein Mini-Job.

■ Rund 3.500 betriebliche Ausbildungsplätze fehlten im vergangen Jahr in Bremen.

■ Gut 2.500 junge Menschen warten als „Altbewerber“ schon über ein Jahr auf eine Lehrstelle.

Als trügerisch wertet die Arbeitnehmerkammer Bremen die Wirtschaftsdaten des vergangenen Jahres. „In der Wirtschaft schien 2012 die Sonne, der Arbeitsmarkt blieb im Halbschatten“, so Hauptgeschäftsführer Ingo Schierenbeck. Gemeinsam mit Politikchefin Elke Heyduck und Arbeitsmarkt-Referentin Regine Geraedts stellte er den diesjährigen Bericht zur Lage der ArbeitnehmerInnen im Land Bremen vor. Zwar habe es tatsächlich einen leichten Rückgang der Arbeitslosenzahlen gegeben, weiterhin sei jedoch ein zu großer Anteil der Arbeitsverhältnisse durch Minijobs, Teilzeit- und Leiharbeit geschaffen worden – „eine Sackgasse“, wie Heyduck betonte.

Auf eine leichte Entspannung der Situation in Bremerhaven führt die Arbeitnehmerkammer den Rückgang der Arbeitslosenquote um 1,7 Prozentpunkte zurück. Doch allzu oft reichten die Beschäftigungsverhältnisse nicht aus, um die ArbeitnehmerInnen zu ernähren: So sei bereits 2012 jeder dritte Minijob zusätzlich zu einem Grundgehalt angenommen worden. Und die Tendenz sei weiterhin steigend.

Auf diese Weise trage der Minijob, ursprünglich als arbeitsmarktpolitisches Instrument eingeführt, um den Einstieg in eine reguläre Beschäftigung zu ermöglichen, dazu bei, dass dieser Bereich erodiert. Stattdessen boomt allein der Niedriglohnsektor. Das Folgeproblem: Statt temporär verblieben viele Menschen jahrelang in derart prekären Arbeitsverhältnissen. Die erworbenen Rentenansprüche würden sie kaum über die Armutsschwelle heben. Hier sei die Politik gefordert, den Missbrauch durch Gesetzesreformen zu beenden.

„Gute Arbeit fängt mit guter Ausbildung an“, erklärte Regine Geraedts. Wenn man die Entwicklung des Arbeitsmarktes beeinflussen wolle, müsse man künftig den Ausbildungssektor stärken. Trotz angespannter Haushaltslage dürfe nicht davor zurückgescheut werden, „Geld in die Hand zu nehmen“, um eine Qualifizierungsoffensive zu starten. Nachhaltig wirkende Maßnahmen wie diese könnten zukünftig Sozialausgaben einsparen.

Außerdem sollen bei 3.500 fehlenden betrieblichen Ausbildungsplätzen im letzten Jahr auch die Unternehmen an ihr Versprechen erinnert werden. Die verschiedenen Kammern hatten 2008 in der „Bremer Erklärung“ zugesichert, genügend Plätze zur Verfügung zu stellen.

BRUNO STEINMANN