Geschichten mit Helm

TANZ Zwei ehemalige Ensemblemitglieder des Bremer Tanztheaters präsentieren in der Schwankhalle mit „Small Stories“ eine Eigenproduktion zum Thema Begegnungen

VON JENS LALOIRE

Eine Frau und ein Mann begegnen sich zufällig, immer wieder, irgendwo in der Großstadt. Beide tragen einen Fahrradhelm auf ihrem Kopf. Die Frau (Vorsicht: Klischee!) einen roten, der Mann einen blauen. Die Helme schützen vor den Gefahren der Stadt, wo der andere vor allem ein zu umgehendes Hindernis ist. Eines Tages sucht einer der beiden Kontakt. Man lächelt sich an, beginnt ein Gespräch. Vielleicht weicht der andere aus. Oder es gibt Streit.

So könnte es laufen, wenn sich zwei Menschen in der anonymen Masse begegnen, dachten sich Magali Sander Fett und Tim Gerhards. Und entwickelten „Small Stories“, ihre erste gemeinsame, eigenständige Choreografie, die am Mittwoch in Bremen Premiere feierte. Bis Sommer 2012 waren beide Mitglieder des Ensembles von Urs Dietrich. Seitdem arbeiten sie als freie Tänzer und Choreografen deutschlandweit – und immer wieder in Bremen. Nicht nur wegen ihrer guten Kontakte hier: „Ich arbeite gerne hier“, sagt Gerhards. „Die Leute interessieren sich für Tanz.“

Uraufgeführt wurde „Small Stories“ in der jetzigen Fassung im November in Würzburg. Ursprünglich entstand „Small Stories“ aber schon während ihrer Zeit am Bremer Theater, damals als zehnminütige Miniatur. Im vergangenen Jahr bauten sie es zu einer einstündigen Produktion aus.

Die Ausstattung ist karg: zwei Tänzer, eine nackte Bühne, Scheinwerferlicht, ab und zu Musik vom Band. Der Minimalismus sei auch begrenzten finanziellen Mitteln geschuldet, sagt Gerhards, aber er finde es auch schön, „mit wenig Mitteln viel zu erzählen“. Und das gelingt. Die beiden erzählen viele kleine Geschichten, meist ohne Sprache, allein mit den Körpern. Sie umkreisen sich, schieben sich aneinander vorbei, rempeln sich an, berühren sich flüchtig, tanzen ein enges Duett, entfernen sich wieder voneinander.

Einer der Höhepunkte ist die Kollision der Helmträger, die im Streit mündet. Wie zwei Stiere drücken sie ihre Schädel aneinander, knallen sich in Hochgeschwindigkeit ihre Sätze um die Ohren. Das Verbalduell scheint die sexuelle Spannung anzuheizen: In der nächsten Szene umarmen sie sich, stoßen sich wieder weg, stürzen sich aufeinander, kullern ringend über den Bühnenboden – immer mit Helm.

„Small Stories“ lotet Schönheit, Tragik und Komik menschlicher Begegnungen aus. Ein sehenswertes Kleinod voll Leichtigkeit und Witz.

■ heute (Samstag), 20.30 Uhr, Schwankhalle