Hwangs Sturz

VON WOLFGANG LÖHR

Der südkoreanische Klonforscher Hwang Woo-suk ist des Wissenschaftsbetrugs überführt. Eine Untersuchungskommission der Seouler Nationalen Universität bestätigte gestern in einem ersten Bericht, dass der international renommierte Wissenschaftler die veröffentlichten Ergebnisse seiner Klonforschung bewusst manipuliert habe. Nach Angaben der Kommission sind neun von elf embryonalen Stammzelllinien die Hwang Anfang des Jahres in seinem Labor hergestellt haben will, eindeutig Fälschungen. Hwang, dessen Arbeiten als „bahnbrechend“ für die Stammzellforschung gefeiert wurden, bot darauf hin an, sein Amt als Professor der Seouler Universität niederzulegen.

Mit maßgeschneiderten Stammzellen hoffen die Forscher, bisher unheilbare Krankheiten wie Alzheimer, Diabetes oder Parkinson therapieren zu können. Mit Hilfe von gespendeten Eizellen und einer Körperzelle des Patienten wird dazu eigens ein Embryo geklont, aus dem dann die noch voll entwicklungsfähigen Stammzellen gewonnen werden. In Deutschland ist diese Forschungsmethode verboten, weil dabei die Embryonen zerstört werden. Hwang war nicht nur der Erste, dem es gelang, die umstrittenen Stammzellen aus einem geklonten Embryo zu gewinnen, er klonte auch als Erster Stammzellen von Patienten.

Mit dem gestern erfolgten Rücktritt als Professor räumte Hwang jetzt das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit ein, dass er gelogen hte. Im November trat er schon auf Druck der Öffentlichkeit von all seinen öffentlichen Posten, unter anderem als Wissenschaftsberater der südkoreanischen Regierung, zurück. Er wollte fortan nur noch als Institutsleiter an der Seouler Universität tätig sein. Auf einer Pressekonferenz in Seoul räumte er seinerzeit mit großen Entschuldigungsgesten ein, dass er entgegen früheren Versicherungen bei seinen Stammzellforschungen auch von seinen Mitarbeiterinnen „gespendete“ Eizellen genutzt habe. Auch hätten Frauen für Eizellen Geld erhalten. Auch wenn Hwang – damals zumindest, inzwischen gibt es neue Regelungen –, nicht gegen südkoreanische Gesetze verstieß, so widerspricht beides den internationalen ethischen Standards. Sein Kooperationspartner, Gerald Schatten von der University of Pittsburgh, Pennsylvania, hatte kurz zuvor schon alle Kontakte zu seinem südkoreanischen Kollegen abgebrochen. Mit seinen Worten „Das widert mich, ich kann nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten“, löste er letztendlich den Karriereabsturz des gefeierten Stammzellforschers aus.

Professor Hwang zog erst Konsequenzen, nachdem nichts mehr zu leugnen war. Die Vorwürfe, dass bei seinen Veröffentlichungen nicht alles sauber zugegangen sein kann sind, sind schon älter. So entdeckten Kollegen in Hwangs Veröffentlichungen Fotos von angeblich geklonten Stammzellen, die in einer anderen Veröffentlichung jedoch als unbehandelte Zellen bezeichnet wurden. „Eine Verwechslung“, entschuldigte sich Hwang damals.

Durch die Lüge mit den Eizellspenden aufgeschreckt und aufgrund zunehmender Betrugsvorwürfen aus dem unmittelbaren Arbeitsumfeld des Stammzellforschers, sah sich die Seouler Nationaluniversität schließlich genötigt, eine Untersuchungskommission zur Überprüfung der Hwang’schen Forschungsarbeiten einzusetzen. Bisher hat das neunköpfige Gremium nur feststellen können, dass es sich bei den angeblich elf Stammzelllinien in Wahrheit nur um zwei Zelllinien handelt.

Überprüft werden soll jetzt noch, ob es sich auch tatsächlich um geklonte Stammzellen handelt oder ob Hwang auch hier betrogen hat. Davon will Hwang jedoch nichts hören. Auch gestern bestand er noch darauf, dass ihm die Ehre gebührt, als Erster Stammzellen von Patienten hergestellt zu haben.