Schulchefs verzweifelt gesucht

In den kommenden Jahren wird fast die Hälfte aller SchulleiterInnen in NRW pensioniert. Die Nachfolgesuche wird schwierig: Bei der „selbständigen Schule“ ist Managerbildung gefragt

VON ELMAR KOK

Vor der flächendeckenden Einführung der selbstständigen Schule in Nordrhein-Westfalen haben die Schulverwaltungsämter der Städte ein großes Problem: Sie müssen in den nächsten fünf Jahren für die Hälfte der Schulen in NRW eine neue Leitung finden. Und das wird mit den zusätzlichen Aufgaben, die auf die SchulleiterInnen zukommen werden, immer schwieriger.

„Schon jetzt ist es beispielsweise an den Grundschulen schwierig, Kandidaten zu finden“, sagt die stellvertretende Vorsitzende der Schulleitungsvereinigung (SLV) NRW e.V, Erika Risse. Viele talentierte Pädagogen liebäugelten zwar mit dem Job, bewerben sich aber nicht auf eine Leitungsstelle. „Die haben Angst und denken: Was kommt da auf mich zu?“

Für den Verband Bildung und Erziehung (VBE) in NRW liegt der Grund für den Bewerbermangel aber in erster Linie an den fehlenden Anreizen. Für Grundschulrektoren lohne sich die Mehrarbeit bei den geringen Gehaltszuschlägen kaum, sagt Christel Jungmann, Sprecherin des VBE. Zusätzlich werde sich die Planung der schwarz-gelben Landesregierung, Schulleiter künftig auf Zeit von den Schulkonferenzen wählen zu lassen, auf die Bewerberlage auswirken. „Warum soll ich mich auf die Schulleitung einlassen, wenn ich dann nach acht Jahren nicht mehr wieder gewählt werde?“, fragt Jungmann. Die Probezeit von zwei Jahren, die es momentan gebe, reiche völlig aus.

Die Ausbildung zum Schulleiter wird in den kommenden Jahren aufwändiger: Die Landesregierung plant die flächendeckende Einführung der selbstständigen Schule. Wenn Fortbildungen künftig nur noch in der unterrichtsfreien Zeit stattfinden dürften, könnte es schwierig werden, Kandidaten für die Qualifizierung zu finden. „Dann finden die Veranstaltungen für die selbstständige Schule künftig nur noch am Wochenende oder abends statt“, sagt Jungmann.

Für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in NRW besteht der Leitungs-Mangel vor allem bei kleineren Schulformen. Während beispielsweise an einem Berufskolleg der Schulleiter mit A16 vergütet würde, betrage das Gehalt eines Schulleiters einer Grundschule maximal A13. „An einer Grundschule ist die Leitungstätigkeit eine kaum vergütete Nebenbeschäftigung“, sagt Schulte. Bei der in Zukunft selbstständigen Schule kämen dann noch Verwaltungsaufgaben hinzu, die in dieser so genannten Nebentätigkeit kaum sinnvoll seien. Beispielweise müssten SchulleiterInnen sich um die aufwändige Organisation von Vertretungsstellen kümmern, wenn KollegInnen krank oder schwanger würden.

Um den Weiterbildungsbedarf von jetzigen und zukünftigen Schulleitern zu stillen, hat die Universität Dortmund eine neue Akademie ins Leben gerufen. Das Zentrum für Weiterbildung (ZfW) und das Institut für Schulentwicklungsforschung der Universität wollen mit ihrer „Dortmunder Akademie für pädagogische Führungskräfte“ (DAPF) ein Loch im Fortbildungsangebot füllen. An der bundesweit einmaligen Weiterbildungseinrichtung sollen Lehrer lernen, wie sich Personalmanagement und Qualitätssicherung als SchulleiterIn organisieren lassen. Dafür hat die DAPF ein zweisemestriges berufsbegleitendes Studium mit dem Namen „Pädagogische Führung und Management“ ins Leben gerufen, zum Abschluss gibt es ein Zertifikat der Universität. 2.400 Euro kosten die zwei Semester.

Ob die LeiterInnen der selbstständigen Schulen, die ihr Budget alleine verwalten, eine solche Fortbildung selbst bezahlen können? „In der Schweiz ist das Gang und Gäbe“, sagt der Vorsitzende des Akademierates Hans-Günter Rolff, ehemals Bildungsforscher der Dortmunder Uni. SLV-Chefin Risse ist skeptisch. „Was glauben Sie, was ihre Lehrer ihnen dann erzählen“, sagt sie. „Dafür benötigen wir eine andere Kultur“.